Haltung ist ein zentraler Faktor für unsere Durchsetzungsfähigkeit und unseren persönlichen Erfolg, unsere Stärke und Widerstandskraft. In unserer Serie zeigen wir Ihnen den Weg zur richtigen Haltung.
Wir alle gehen mit einer bestimmten Haltung durchs Leben. Wir äußern unsere Haltung zu Themen und Ereignissen, wir halten etwas aus oder halten durch, wir verhalten uns in bestimmten Situationen klug oder weniger klug. Unsere Haltung ist also so etwas wie unsere Kleidung, wie eine von außen sichtbare und erkennbare Hülle, die uns umgibt. Damit ist sie ein zentraler Faktor für unsere Durchsetzungsfähigkeit und unseren persönlichen Erfolg, unsere Stärke und Widerstandskraft.
Umgekehrt nimmt sie aber auch Einfluss auf unser inneres Wohlbefinden, unser seelisches Gleichgewicht.
Und dennoch scheint Haltung für viele von uns etwas zu sein, dem sie nur wenig Aufmerksamkeit schenken. Viele Menschen arbeiten heutzutage mehr mit dem Intellekt als mit dem Körper. Es wird viel Denkarbeit geleistet und das überwiegend im Sitzen. Seit der Industrialisierung ist die körperliche Arbeit immer weniger geworden. Der technische Fortschritt verringert unser Maß an körperlicher Bewegung auf ein Minimum. Von der Kaffeemaschine geht es mit Auto, Bus oder Bahn zum Betrieb, per Rolltreppe zum Büro und die folgenden 8 Stunden setze ich mich an den Schreibtisch vor den Computer. Wieder zu Hause beende ich den Tag auf der Couch, weil ich zu müde und „leergedacht“ bin, um mir noch ein schönes Abendprogramm auszudenken. Während wir beruflich oftmals extrem hohe Denkleistungen erbringen, wird der Körper ebenso extrem unterfordert, ein enormes Ungleichgewicht entsteht.
Wenn wir uns jedoch mit unserer Haltung bewusst auseinandersetzen, können wir mit kleinen, einfachen Veränderungen Kopf und Körper wieder ins Gleichgewicht bringen und uns rundum wohl fühlen.
Noch vor wenigen Jahrzehnten gehörte die Auseinandersetzung mit der eigenen Körperhaltung viel stärker zu unserer Kultur. Wer eine tadellose Haltung an den Tag legte und dazu die Regeln der Konversation und des guten Benehmens beherrschte, zeigte seinen Stand und seine gute Erziehung.
Bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts war diese Erziehung allerdings stark von militärischen Drills beeinflusst. So ging es auch im alltäglichen Sprachgebrauch um »Haltung annehmen!« und »Haltung bewahren!«. In der französischen Sprache hat sich dieses Verständnis von Haltung bewahrt, man sagt noch heute »Teni!« (»Haltung!«), wenn sich jemand zusammenreißen soll.
Im Europa des 19. Jahrhunderts gab es eine Vielzahl an ausgesprochenen und unausgesprochenen, weltlichen und kirchlichen Kodizes, wie man sich zu welcher Gelegenheit und an welchen Orten zu verhalten hatte. Diese galten für nahezu jede Lebenssituation, vom Umgang mit Familienmitgliedern, über die Begegnungen zwischen Männern und Frauen, Jungen und Alten, Höhergestellten und Untergeordneten, bis hin zu Auftritten bei offiziellen Anlässen aller Art. Mit diesen formalen Haltungsnormen war auch eine innere Haltung festgelegt und häufig waren sie Ausdruck von Gehorsam, Loyalität und Aufopferung. Wer sich einem Verhaltenskodex entgegenstellte, musste mit Bestrafung rechnen.
Nach dem zweiten Weltkrieg lockerten sich diese starren Verhaltensregeln und während der Demokratiebewegung in den späten 60er Jahren kam es teilweise zu ihrer völligen Abschaffung, bestes Beispiel ist die Einführung der antiautoritären Erziehung.
In Bezug auf die Körperhaltung bewegten sich große Teile der Gesellschaft zunehmend lockerer und individueller. Langes Haar bei Männern wurde salonfähig und ein Ausdruck individueller Freiheit. Gesellschaftskritik, die Überwindung des traditionellen Familienschemas, selbst Drogen-Konsum verließen ihre angestammten Tabuzonen und damit brachen auch starre Verhaltensregeln auf.
Eine tadellose Haltung zu zeigen, kam dabei freilich für einige Jahre ganz aus der Mode. Man wollte keine Haltung zeigen müssen, doch gerade dadurch entstanden, wenn man es genau betrachtet, neue Haltungsmuster. Haltung ist immer vorhanden.
Heute haben wir jedoch die Qual der Wahl. Auf der Suche nach Orientierung legen sich manche bestimmte Mode-Attituden zu, vorgegeben von Magazinen, Prominenten oder Casting-Shows. Andere folgen freiwillig radikalen Gruppen, die längst überwunden geglaubte strikte Dogmen vorgeben.
Dabei ist es in unserer hochkomplexen und vernetzten Welt auch möglich, sich über die eigene Haltung im Klaren zu werden und sie bewusst und nach eigenen Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen. Wenn wir unsere eigene Haltung einnehmen, brauchen wir keine Orientierung mehr, da wir alles, was wir brauchen, um uns sicher zu fühlen, stets mit uns tragen.
Sich seiner Haltung zu widmen ist ein spannender Weg, auf dem wir immer wieder aufs Neue unbekannte Seiten an uns entdecken, annehmen und lieben lernen.
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