Selbstwertgefühl

Ein positives Selbstwertgefühl ist eine wichtige Voraussetzung für ein erfülltes Leben und ein gesundes Selbstvertrauen. Dieser Beitrag erklärt, wie wir unseren Selbstwert stärken können.

Selbstwertgefühl
© PAL Verlag, unter Verwendung eines Fotomotivs von unsplash.com

Ein gesundes Selbstwertgefühl ist die Grundlage dafür, dass wir uns in einem positiven oder realistischen Licht sehen. Wir erkennen unseren Wert – unabhängig von unseren Stärken und Schwächen. Wir versuchen also nicht, unsere Schwächen zu unterdrücken oder zu verstecken, sondern stehen zu uns als Ganzes. Wenn wir ein gutes Selbstwertgefühl besitzen, dann bedeutet das: Wir fühlen uns grundsätzlich liebenswert und wertvoll – so wie wir sind. Je gesünder und positiver unser Selbstwertgefühl ist, desto weniger machen uns Kränkungen zu schaffen, und umso gelassener können wir mit negativen Reaktionen unserer Umwelt umgehen. 

Ein gesundes Selbstwertgefühl ist damit der Gegenpol zu Minderwertigkeitsgefühlen. Es ist schwer, selbstsicher aufzutreten und sich selbst zu lieben, wenn wir uns für minderwertig halten und uns damit auch nicht voll akzeptieren, wie wir sind.

Wie entsteht unser Selbstwertgefühl?

Wer in seiner Kindheit geliebt wurde, das Gefühl hatte, willkommen zu sein und erlebt hat, dass ihm etwas zugetraut wird, tut sich später meist leichter, vom eigenen Wert überzeugt zu sein. Wer dagegen im Kindesalter ständig kritisiert, abgelehnt, gehänselt oder sogar missbraucht wurde und fortlaufend Misserfolgserlebnisse hatte, hat später eher ein geringes Selbstwertgefühl und den Gedanken, nicht in Ordnung zu sein. Wir sprechen hier vom sog. Inneren Kritiker, der von negativen Selbstgesprächen begleitet ist. 

Auch spielen gesellschaftliche Einflüsse eine Rolle dafür, was wir als anerkennungswürdig oder wertvoll halten (sollen) und was nicht.

Wenn wir als Erwachsene unter einem geringen Selbstwertgefühl leiden, dann deshalb, weil wir uns (aufgrund unserer Erfahrungen und Einstellungen) gedanklich klein machen, indem wir uns einreden, wir seien minderwertig oder nicht liebenswert.

Was versteht man unter globalem und spezifischem Selbstwertgefühl?

Der amerikanische Soziologe Morris Rosenberg definierte das globale Selbstwertgefühl als Gefühl in Bezug auf den Wert unserer Person als Ganzes. Spezifisches Selbstwertgefühl hingegen bezieht sich auf bestimmte Bereiche unserer selbst, also z. B. darauf, ob wir etwas besonders gut können oder eine besondere Fähigkeit oder Eigenschaft haben, die wir an uns schätzen. Wir können also in bestimmten Bereichen ein hohes Selbstwertgefühl haben und in anderen weniger.

Was ist der Unterschied zwischen Selbstwert und Selbstbewusstsein?

Wir haben ein bestimmtes Selbstkonzept darüber, wer wir sind. Um uns ganz und gar wertvoll zu fühlen, müssen wir uns unserer selbst bewusst sein. Wenn wir also selbstbewusst sind, können wir auch eher zu uns stehen. Blenden wir hingegen Teile unserer Persönlichkeit, Eigenschaften oder ähnliches aus, sind wir uns unserer selbst noch nicht voll bewusst, was sich auf unser Selbstwertgefühl auswirkt.

Ist das Selbstwertgefühl veränderbar?

Neben der Frage, ob das Selbstwertgefühl hoch oder niedrig ist, ist ein Thema, ob es überdauernd oder veränderbar ist. Unser Selbstwertgefühl, also wie wir uns selbst bewerten und einschätzen, und welches Gefühl wir mit uns verbinden, kann sich über unser Leben hinweg verändern und sogar situativ schwanken, auch wenn es überdauernde Tendenzen gibt, sich eher positiv oder eher negativ zu sehen. Dabei spielen persönliche Erfahrungen und unsere Einschätzung eine wichtige Rolle. Wenn unser Selbstwertgefühl eine echte Basis hat, ist es (z. B. durch Kritik) weniger leicht erschütterbar. Wenn wir uns leicht in unserem Wert irritieren lassen, ist unser Selbstwertgefühl eher flüchtig und noch nicht fest verankert.

Welche Rolle spielt unsere Persönlichkeit für das Selbstwertgefühl?

Klassischerweise assoziieren wir mit extrovertierten Menschen ein höheres Selbstwertgefühl, wobei sowohl introvertierte als auch extrovertierte Menschen ein höheres oder niedrigeres Selbstwertgefühl haben können. Auch treten introvertierte und hochsensible Menschen zunehmend nach außen, um sich vermehrt durch Zurückhaltung, Sensibilität und leisen Tönen sicht- und hörbar zu machen und die Stärke dessen zu verdeutlichen.

Auswirkungen eines fehlenden oder geringen Selbstwertgefühls

Ein geringes Selbstwertgefühl kann folgende drei Auswirkungen haben:

Auswirkung 1: Suche nach Anerkennung und Selbstbestätigung

Wenn wir unseren Selbstwert und damit unser Selbstwertgefühl vom Urteil und der Anerkennung anderer abhängig machen, stehen wir unter enormen Druck, anderen gefallen zu müssen. Wir tun fast alles, um andere nicht zu enttäuschen und von diesen Anerkennung zu bekommen. Und wir leben in ständiger Angst vor Ablehnung.

Wenn wir uns für unzulänglich halten, wollen wir vielleicht ständig unseren Wert unter Beweis stellen. Das mag kurzfristig gelingen, doch schon nach kurzer Zeit kehrt das Gefühl, unzulänglich zu sein, zurück, und wir müssen unseren Wert erneut unter Beweis stellen.
Beispielsweise 

  • werden wir arbeitssüchtig, weil wir unseren Wert von Erfolg abhängig machen, 
  • sind wir aktionistisch, weil wir uns sonst wertlos fühlen,
  • möchten wir unseren Körper verändern, weil wir damit nicht zufrieden sind, 
  • geben wir vor, jemand zu sein, der oder die wir nicht sind,
  • wetteifern wir und vergleichen uns, 
  • bestätigen wir uns mit Äußerlichkeiten etc.

Auswirkung 2: Sensibilität gegenüber Kritik

Wenn wir an unserem Wert zweifeln und uns deshalb innerlich unsicher fühlen, dann kratzen uns kleinste negative Bemerkungen, wir sind überempfindlich, ungeheuer sensibel und reagieren schnell gekränkt. 

Auswirkung 3: Geringes Selbstvertrauen

Wenn  wir ein geringes Selbstwertgefühl haben, trauen wir uns weniger zu und haben weniger Vertrauen in uns selbst. Das führt auch zu einer geringeren Selbstwirksamkeitserwartung und hemmt uns z. B. bei der Erreichung unserer Ziele.

8 Tipps, wie wir unseren Selbstwert und unser Selbstwertgefühl steigern und stärken können

Diese 8 Grundlagen werden dir helfen, dein Selbstwertgefühl zu steigern:

Tipp 1: Positive, aufbauende Gedanken kultivieren

Für unser Selbstwertgefühl sind wir selbst zuständig, d. h. wir entscheiden über unseren Selbstwert, indem wir uns für wertvoll oder minderwertig halten. Niemand kann uns das Gefühl geben, minderwertig zu sein, wenn wir das nicht zulassen. Wir sind liebenswert, wenn wir uns dafür halten. Unser Selbstwert hat nichts mit objektiven Kriterien wie beruflichem oder privatem Erfolg oder sonstigen Äußerlichkeiten zu tun, sondern ist einfach die Haltung uns gegenüber, ein guter und liebenswürdiger Mensch zu sein. Wenn wir unser Selbstwertgefühl stärken oder aufbauen möchten, ist ein wichtiger Ansatz, groß von uns zu denken, statt uns in Gedanken fortlaufend klein zu machen. 

Wie wäre es mit dieser Einstellung, um Ihr Selbstwertgefühl zu steigern?
"Ich bin nicht vollkommen, ich habe Fehler und Schwächen, ich habe noch nicht erreicht, was ich erreichen möchte, ich kann mich noch verbessern und mehr aus mir machen – trotzdem bin ich ein wertvoller und liebenswerter Mensch, einfach deshalb, weil ich mich dafür entscheide, mich so zu sehen. Ich bin viel mehr als ich glaube. Ich bin einzigartig."

Tipp 2: Ein positives Selbstbild entwickeln

Unser Selbstbild entscheidet über unser Selbstwertgefühl. Viele Menschen reden sich ein, dass sie minderwertig sind, weil sie sich für zu groß, zu klein, zu dick oder zu dünn halten, sich zu viele Fehler und Schwächen zuschreiben, sich für nicht erfolgreich halten, bestimmte Ziele (noch) nicht erreicht oder verpasst haben und meinen, innerlich und äußerlich nicht vollkommen zu sein. Dieses Bild von uns können wir hinterfragen und durch ein positives Selbstbild ersetzen. Das verringert das Bedürfnis, sich vergleichen zu wollen und ermöglicht gleichzeitig konstruktive Veränderung, wo wir es uns wünschen. 

Tipp 3: Unser eigener Maßstab sein

Auch wenn die Welt woanders oder bei anderen leichter und schöner aussieht, sehen wir immer nur die Spitze des Eisbergs. Wenn wir wirklich vor die Wahl gestellt werden würden, mit jemandem die Rollen oder das Leben zu tauschen, würden wir uns vermutlich nach unserem ureigenen Leben zurücksehen. Wir würden erkennen, was wir bereits hatten, dass wir uns nicht verstecken müssen oder unseren Wert bisher zu Unrecht unter den Scheffel gestellt haben. Warum dann nicht gleich beginnen, eigene konstruktive Maßstäbe zu setzen und danach zu leben? 

Tipp 4: Selbstmitgefühl entwickeln

Wir sind uns selbst mehr Freund als Feind, wenn wir lernen, uns selbst gut zuzureden, den Rücken zu stärken, Verständnis für unsere Fehler und Schwächen zu haben, und uns selbst zu ermutigen. Kurzum, wir dürfen uns gegenüber Selbstmitgefühl zeigen, unser inneres Kind umarmen und alte Wunden heilen lassen. Auf diese Weise gelangen wir zurück zu unserem authentischen Selbst und werden gedanklich wieder frei. 

Tipp 5: Perfektionismus und übertriebene Ansprüche ablegen

Wir können und dürfen unsere Unvollkommenheiten akzeptieren. Wir alle machen Fehler und haben Schwächen. Deswegen sind wir Menschen und keine Maschinen. Trennen wir also zwischen unserem Selbst und unserem Verhalten. 

Eine Stradivari bleibt eine Stradivari, auch wenn der Musiker ihr falsche Töne entlockt oder eine Saite reißt.

Wenn wir uns immer wieder verzeihen, tragen wir weniger Last und können jeden Tag frisch und leicht starten, was unserem Selbstwertgefühl zuträglich ist. Zudem können wir bereits bei kleinen Erfolgen innehalten, mit uns zufrieden sein und unseren Selbstwert durch regelmäßiges Lob stärken. 

Tipp 6: Selbstachtung steigern

Unsere Selbstachtung zu bewahren oder zu steigern, ist das größte Geschenk, das wir uns machen können.

Auch wenn das augenblicklich schwer fällt, können wir uns notieren, was wir bisher im Leben schon geschafft haben, welche Hürden wir bewältigt haben, was nur wir haben oder können, wodurch wir uns besonders liebenswert machen und weswegen wir uns einfach großartig fühlen dürfen. Diese Erfolgsliste können wir jeden Tag erweitern und stolz auf das Ergebnis sein. 

Tipp 7: Resilienz fördern

Wenn wir auch in schwierigen Momenten überzeugt sind, über die nötige Kraft zu verfügen, eine Krise zu meistern und sie dann tatsächlich erfolgreich überwinden, fördern wir unsere Resilienz und sorgen dafür, dass wir unser Selbstwertgefühl und -vertrauen erhalten oder sogar steigern. 

Tipp 8: Einen guten Umgang mit Kritik lernen

Kritik gehört zum Leben. Der Umgang mit ihr möchte gelernt sein. Kritik ist eine Information, die wir uns zu Herzen nehmen können oder von der wir uns abgrenzen dürfen. Konstruktive Kritik ermöglicht es uns zu wachsen, destruktive Kritik kann uns das Leben schwer machen. Manchmal sagt die geübte Kritik mehr mit dem Kritisierenden aus, dann wenn sie ungerechtfertigt ist oder wenn sie auf zerstörerische Art vorgebracht wird. In keinem Fall sagt sie etwas über unseren Wert aus, sie kann einfach persönliche Prioritäten und Geschmäcker ausdrücken. Je klarer wir um unseren Wert wissen und ihn verinnerlicht haben, desto weniger laufen wir Gefahr, uns persönlich angegriffen zu fühlen, desto deutlicher signalisieren wir unsere Grenzen und desto mehr können wir von konstruktiver Kritik profitieren. 

„Wer sich für liebenswert hält, muss den Vergleich mit anderen nicht fürchten.“

Rolf Merkle

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 Ist das Selbstwertgefühl veränderbar?
 Welche Rolle spielt unsere Persönlichkeit für das Selbstwertgefühl?
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