Die Gesichter der Eifersucht: Wie sich Eifersucht äußert. Leseprobe aus dem Ratgeber Eifersucht von Dr. Rolf Merkle.
Eifersucht kann sich auf vielerlei Weise äußern. Hier einige Beispiele von eifersüchtigen Männern und Frauen aus meiner Praxis.
Birgit war eine verheiratete Frau Ende 30. Birgit ist eine der eifersüchtigsten Menschen, die ich in meiner Praxis kennengelernt habe. Besonders schlimm war ihre Eifersucht, wenn sie und ihr Mann Herbert sich auf einer Party befanden. Bei solchen Anlässen stand Birgit Todesqualen aus. Sie ließ ihren Mann keinen Augenblick aus den Augen. Blickte er in die Richtung einer anderen Frau, kochte Birgit vor Wut. Am liebsten hätte sie ihm dann eine Szene gemacht und ihn vor allen Leuten zur Rede gestellt.
Ihre Eifersucht steigerte sich noch, wenn sich ihr Mann mit einer anderen Frau unterhielt oder gar mit ihr tanzte. Im Anschluss an solche geselligen Treffen machte Birgit ihrem Mann bitterböse Vorhaltungen. Sie löcherte ihn mit Fragen, wer diese Frauen seien, seit wann er sie kenne, was er mit ihnen habe, usw. Sie warf ihm vor, dass er sie mit seinem Brunftverhalten vor anderen lächerlich gemacht habe, sie vernachlässige und sich auf ihre Kosten amüsiere.
Birgit lebte ständig in der Angst, ihr Mann könne eine andere Frau attraktiver finden. Deshalb durchsuchte sie regelmäßig seine Kleider nach Beweisstücken. Von ihrem Mann verlangte sie ständig Rechenschaft, mit wem er wann und warum zusammen war. Kam er später nach Hause, als am Morgen angekündigt, dann konnte er sichergehen, dass Birgit ihn mit Fragen nach seinem Verbleiben bombardieren würde. Er wusste auch, dass Birgit keine seiner Erklärungen gelten lassen und ihm nicht glauben würde.
Birgit war auf alles und jeden eifersüchtig. Traf sich Herbert nach Feierabend mit Kollegen zu einem Bier, dann war Birgit auf die Kollegen eifersüchtig. Bastelte er an seinem Wagen, dann war Birgit auf den Wagen eifersüchtig. Spielte er mit den Kindern, dann war sie auf die Kinder eifersüchtig. Besuchte er alleine seine Mutter, war sie auf die Mutter eifersüchtig. Selbst auf den Hund war Birgit eifersüchtig, wenn er ihn ausführte.
Birgit fühlte sich in solchen Momenten ausgeschlossen und glaubte, dass ihr Mann nur deshalb keine Zeit mit ihr verbrachte, weil ihm nichts an ihr liege. Bei diesem Gedanken fühlte sich Birgit zutiefst verletzt. Um den ständigen Vorwürfen seiner Frau zu entgehen, verzichtete Herbert im Laufe der Jahre immer mehr auf Freizeitaktivitäten. Er brach den privaten Kontakt zu Freunden und Arbeitskollegen ab, ja selbst Geschäftsreisen versuchte er weitgehend zu vermeiden. Je mehr Herbert aufgab, umso größer wurde seine Unzufriedenheit, und umso mehr machte er seiner Frau Vorwürfe, sie behandle ihn wie einen Sklaven.
Eines Tages stellte Herbert ihr ein Ultimatum. Entweder sie würde etwas gegen ihre Eifersucht unternehmen oder er würde sich trennen. Birgit tat, was sie bei solchen Anlässen schon öfter getan hatte. Sie flehte ihn auf Knien an, ihr zu verzeihen. Sie versprach, sich zu bessern. Ein paar Tage biss sie sich auf die Zunge und riss sich zusammen. Doch dann eines Abends, als ihr Mann später nach Hause kam, platzte Birgit wieder der Kragen. Sie vergaß all ihre guten Vorsätze.
Vorwürfe über Vorwürfe prasselten über Herbert herein. Nun riss Herbert der Geduldsfaden. Er trennte sich von Birgit. Wenn Birgit nüchtern über ihr Verhalten nachdachte, gestand sie: Ich weiß ja, wie lächerlich ich mich manchmal benehme. Aber bei mir brennt dann einfach die Sicherung durch. Hinterher mache ich mir bittere Vorwürfe, dass ich so ungerecht zu meinem Mann bin. Aber es hilft nichts. Ich tue es immer wieder.
Manfred war ein äußerst liebenswerter und umgänglicher Mensch, wie übrigens alle eifersüchtigen Menschen, die ich kennengelernt habe. Manfred hätte am liebsten ein Aschenputtel zur Frau gehabt. Er litt tausend Tode, wenn seine Frau ein neues Kleid trug oder sich hübsch machte. Je attraktiver seine Frau in seinen Augen war, umso mehr Angst hatte er vor den bewundernden Blicken anderer Männer.
In jeder positiven Äußerung eines anderen Mannes sah er sofort den Versuch, ihm seine Frau abspenstig zu machen. Ein Kompliment war für ihn ein Beweis, dass der Konkurrent es auf seine Frau abgesehen hatte. Als seine Frau einmal 5 Kilogramm abgenommen hatte, sah er rot. Während wohl die meisten Ehemänner darauf positiv reagiert hätten, flippte Manfred total aus. Er zerriss ihre neuen Kleider, schloss sie in die Wohnung ein und verlangte von ihr, wieder zuzunehmen. Er machte ihr endlose Vorhaltungen, dass sie sich so herausputze, um andere Männer auf sich aufmerksam zu machen.
Christian war auf alle Männer eifersüchtig, die etwas hatten oder konnten, was er nicht hatte oder konnte. Fuhr jemand ein Motorrad und seine Frau fand das toll, dann war er eifersüchtig auf den anderen. Schwärmte seine Frau Sybille von einem Popstar, dann war er auf den Musiker eifersüchtig. In Gegenwart anderer Männer sah Christian sich in einer ständigen Konkurrenzsituation. Er hatte immer Angst, jemand könne mehr zu bieten haben als er.
Stefanie war Mitte 30. Als Problem nannte sie in der Therapie: Ich will eine enge Freundin haben. Erst nach einigen Stunden erkannte ich, was hinter Stefanies Wunsch nach einer engen Freundin steckte: ein tiefes Gefühl der Minderwertigkeit. Stefanie brauchte die Freundschaft anderer Menschen, um sich wichtig und wertvoll zu fühlen. Ohne eine enge Freundin, ist mein Leben leer und sinnlos, sagte sie.
Wenn Stefanie jemanden kennenlernte, dann klammerte sie sich an diesen Menschen und versuchte, ihre neue Bekanntschaft von anderen zu isolieren. Am liebsten hätte sie diesen Menschen in einen Käfig gesperrt, zu dem nur sie Zutritt hatte. Traf sich eine Bekannte von ihr mit einer anderen Person, dann fühlte sich Stefanie zurückgesetzt und reagierte eifersüchtig.
Wenn andere sich an »ihre Freunde ranmachten«, dann hatte sie Angst, ihre Freunde zu verlieren. Tagelang bereitete sich Stefanie unsägliche Qualen, indem sie darüber nachgrübelte, wer von ihren Bekannten sich wohl gerade wieder treffen würde, ohne dass sie dabei war. Sie kam sich dann unnütz, unbedeutend, nicht liebenswert und überflüssig vor.
Katarina fühlt sich ihren Verlustängsten ausgeliefert. Jede Party erlebt sie nur als Kampf. Wenn ihr Partner auf Geschäftsreise ist, dann geht ihre Fantasie mit ihr durch. Ihre Gedanken kreisen den ganzen Tag nur darum, was ihr Partner wohl gerade macht. An abschalten und entspannen ist dann nicht zu denken. Sie hat Schlafstörungen und verspürt Bauchkrämpfe, Übelkeit und Kopfschmerzen.
Sie sagte: Die Angst, meinen Partner zu verlieren, ist so groß, dass ich mich dabei völlig vergesse und meine Zeit nur noch damit verbringe, mir einzureden, dass er fremdgeht. Ich kämpfe dann gegen etwas an, das gar nicht existiert. Ich bin nur noch am Grübeln und kann damit nicht aufhören. Das ist wie ein Zwang. Wenn er von einer Reise zurück ist, bin ich so aufgeladen und sauer, dass ich ihn mit Vorwürfen bombardiere. Alles, was er sagt, prallt dann an mir ab, weil ich mir meiner Theorie total sicher bin und ihm nichts glauben kann.
Simone hat von ihrer Mutter immer wieder gehört, dass sie nichts kann und aus ihr nichts wird. Ihr Vater verstarb, als sie 8 Jahre alt war. Mit 17 kam sie in ein Heim, weil ihr Stiefvater sie nicht mehr bei sich haben wollte. Simone bekommt die Krise, wenn ihr Freund am Computer sitzt. Sie muss ständig kontrollieren, was er sich anschaut.
Merkt sie, dass er sich Pornos anschaut, fühlt sie sich unattraktiv und hässlich. Ist er in Facebook unterwegs, hat Simone Angst, dass er wieder auf das Profil seiner Exfreundin geht und mit ihr etwas anfängt. In solchen Momenten kommt Panik in ihr auf. Sie denkt, bestimmt werde er sie bald verlassen und sich eine hübschere Frau nehmen. Wenn ihr Freund nicht gleich auf eine SMS antwortet, dann hat sie Angst, ihm nicht mehr wichtig zu sein.
Simone sagt: Mir ist in solchen Situationen oft klar, dass alles Quatsch ist, was ich mir da zusammenreime. Trotzdem fühle ich mich verletzt und bin traurig, dass er sich nicht mehr Zeit für mich nimmt.
Weiterlesen im Ratgeber "Eifersucht"
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