Hedonismus ist in der Gesellschaft ein viel diskutierter Begriff. Dieser ABC-Beitrag erklärt Herkunft und Bedeutung sowie die unterschiedlichen positiven und negativen Aspekte.
Lustbezogenes Handeln im Hier und Jetzt, die Suche nach Erfüllung und Freude, das Erleben mit allen Sinnen und die gleichzeitige Vermeidung von Entbehrungen und dem, was uns schmerzt – das verbirgt sich hinter Hedonismus. Der Begriff ist bis heute meist doppeldeutig besetzt – für die einen hat er mit Egoismus zu tun, die anderen sehen in ihm Genuss und sogar Lebenssinn.
Das Wort Hedonismus stammt aus dem Griechischen (griechisch: h?don?) und lässt sich mit Lust, Freude, Genuss, Sinnlichkeit übersetzen. Philosoph:innen der Antike wie Aristippos von Kyrene und Epikur sahen im Hedonismus den Weg zum Glück, indem der Mensch sich im Hier und Jetzt oder perspektivisch ein freudvolles Dasein schafft – sei es körperlich oder geistig – und Schmerz vermeidet. Dazu gehört auch Gelassenheit.
Aber es gab auch philosophische Gegenkonzepte, zum Beispiel von Aristoteles, der die Bedeutung eines werteorientierten Lebens für das Erreichen von Glück hervorhob (philosophisches Konzept der Eudaimonia). Eine vergleichbare Haltung findet sich später bei den römischen Stoiker:innen, die die Tugenden ins Zentrum ihrer Philosophie stellen.
Hedonismus und Eudaimonia schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen einander.
Die moderne Psychologie sieht im Hedonismus eine Grundlage für unser Verhalten und unser Handeln. Dabei geht es nach wie vor darum, dass wir das fördern, was uns zufrieden macht, und das vermeiden, was negative Gefühle auslöst. Dabei spielen unsere Lernerfahrungen eine Rolle und die Aussicht auf das, was uns langfristig nützlich ist.
Hedonismus wird mit Egoismus, Konsumorientierung oder – je nach Weltanschauung – sogar mit Laster in Verbindung gebracht. Nach wie vor hält sich die gesellschaftliche Vorstellung: "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen".
Daraus entwickelte sich das sogenannte Vergnügungsparadoxon, das besagt, dass die gezielte Suche nach Vergnügen uns letztlich davon wegführt. Ein exemplarisches Beispiel von diesem schädlichen ‘zu viel’ sind unterschiedliche Formen von Sucht, die uns letztlich in einen Zustand der Abhängigkeit bringen.
Durch die persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Krisen der Welt wird vielen von uns zunehmend bewusst, dass ein gesundes, lustvolles und glückliches Leben keine Selbstverständlichkeit ist und eine wichtige Grundlage für ein erfülltes Leben sein kann. Häufig haben wir in der hektischen Welt verlernt, wirklich zu genießen. Auch haben sich die Rahmenbedingungen verändert, die Genuss, wie wir ihn bisher kannten, mitunter weniger möglich oder planbar machen. Beispielsweise können wir uns nicht mehr sicher sein, ob der Skiurlaub oder die Fernreise im nächsten Jahr überhaupt stattfinden kann. Wir müssen zudem immer mehr lernen, mit Entbehrungen zurechtzukommen und dabei trotzdem unser Leben mit Sinn und Freude zu erfüllen.
Lust oder Genuss können wir einfach erreichen, ohne dass wir dafür viel benötigen oder tun müssen. Dieser gelebte Mini-Hedonismus steckt in den kleinen Dingen, in uns selbst, in unserer Art, das Leben wahrzunehmen und es zu gestalten. Für mehr Lust und Freude benötigen wir zunächst ein Bewusstsein dafür, was unser Leben zu einem lustvollen macht, um es dann umzusetzen. Damit können wir unser Glücksempfinden und das Gefühl von Sinnhaftigkeit steigern.
Diese vier Beispiele zeigen, wie wir die lustvolle Freude in unserem Leben vermehren können – ganz ohne schlechtes Gewissen:
Muße und Entspannung sind neben aktivem Tun wichtig für das Gefühl von Freude, Glück, Gelassenheit und Genuss. Um unseren Alltag lustvoll zu meistern, dürfen, ja sollten wir daher regelmäßig einen Gang zurückschalten. So entwickeln wir ein Bewusstsein dafür, was uns gut tut oder können einfach mal nur ‘sein’. Gleichzeitig können wir uns immer wieder bei dem, was wir im Moment tun, fragen, ob wir diesen Moment gerade genießen. Ein Beispiel dafür ist das tägliche Essen: Wir genießen es mehr, wenn wir es achtsam zu uns nehmen und dabei Pausen machen. Und schließlich können wir uns immer wieder mit etwas belohnen, was uns gut tut und offen bleiben für die spontanen Glücksmomente des Alltags.
Manchmal neigen wir dazu, für Ersatz zu sorgen, wenn wir uns nicht ganz ausgefüllt fühlen. Je weniger wir Lustgewinn ausschließlich an andere Menschen oder äußere Dinge binden, desto mehr innere Freiheit und inneres Glück erleben wir. Wir nehmen dann an, was ist und was wir haben und konzentrieren uns weniger auf das, was wir ‘brauchen’.
Im Trubel des Alltags vergessen wir oft, wie wichtig echte Nähe zu anderen Menschen ist. Wir können uns aber darin üben, einander die Verbundenheit zu zeigen, die wir uns im Kern selbst wünschen. Es genügt beispielsweise eine kurze SMS oder ein kurzes Telefonat, auch wenn wir darin nur nach dem Wohlbefinden fragen oder herzliche Grüße senden. Oder wir packen einen Korb voll Obst oder Gemüse vom Balkon und Garten und bringen ihn der älteren Nachbarin oder dem älteren Nachbarn rüber. Letztlich erhöhen wir unseren eigenen Genuss am Leben durch Teilen mit anderen.
Zufriedenheit und Erfüllung empfinden wir, wenn wir unser Leben nach unseren Werten gestalten und unseren eigenen Lebenssinn dadurch mitgestalten. Die zentrale Frage lautet dabei, warum wir etwas tun und warum wir etwas lassen. Wenn wir unser persönliches ‘Warum’ gefunden haben, können wir unser Leben danach ausrichten und alles zu unserem Besten und dem Wohl von anderen entwickeln. Wir tragen dann die volle Verantwortung für unser Leben. Und genau das kann ebenfalls als lustvoll erlebt werden, insbesondere, wenn wir Fortschritte erkennen und unser Wirken auch andere beflügelt.
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