Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson ist mit der Schritt-für-Schritt-Anleitung einfach zu erlernen. Für mehr Ruhe und Entspannung im Alltag!
Bei der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson (auch bekannt als Progressive Muskelrelaxation oder Tiefenentspannung) handelt es sich um ein Entspannungsverfahren, bei dem durch bewusstes An- und Entspannen von Muskelgruppen ein Entspannungszustand herbeigeführt wird. Die einzelnen Muskelpartien des Körpers werden in einer bestimmten Reihenfolge zunächst angespannt, die Muskelspannung wird für einige Sekunden gehalten, und anschließend wird die Anspannung wieder gelöst.
Ziel der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson ist eine Entspannung einzelner Muskeln und eine damit einhergehende Verbesserung des körperlichen und seelischen Befindens. Schon nach kurzer Zeit ist es dem Anwender mit Hilfe dieser Entspannungsübung möglich, relativ schnell von Anspannung auf Entspannung umzuschalten.
Dieses Entspannungsverfahren ist leichter und schneller zu erlernen als das Autogene Training. Im Gegensatz zum Autogenen Training sind Sie bei dieser Form der Entspannung aktiv. Ich ziehe in meiner Praxis die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson dem Autogenen Training vor, weil gerade Menschen mit Ängsten Schwierigkeiten beim gedanklichen Abschalten haben.
Sie können sich bei der Progressiven Muskelentspannung besonders gut wahrnehmen, in welchen Körperteilen Sie sehr angespannt sind, und haben ein Mittel, bewusst gegen die mit der Angst verknüpften Hilflosigkeitsgefühle anzukämpfen. Indem Sie Ihre Muskeln aktiv entspannen, beruhigen Sie das autonome Nervensystem und ersetzen Ihre Angstgefühle durch Gefühle der Ruhe.
Sie benötigen für diese Form der Entspannung aber ein wenig Übung!
Die Progressive Muskelentspannung wird häufig in der verhaltenstherapeutischen Behandlung von Angst- und Panikstörungen im Rahmen der systematischen Desensibilisierung angewendet. Außerdem hat sich die Progressive Muskelentspannung bei folgenden Problemen und Beschwerden als sehr wirksam und hilfreich erwiesen:
Leiden Sie unter einem zu hohen oder zu niedrigen Blutdruck, Migräne, Wirbelsäulenbeschwerden, Herzrhythmusstörungen oder Bronchospasmus? Dann fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, bevor Sie mit diesem Entspannungsverfahren beginnen, ob aus medizinischer Sicht etwas gegen den Einsatz der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson spricht.
Nehmen Sie sich 20 bis 30 Minuten Zeit.
Suchen Sie sich zum Entspannen einen ruhigen Raum aus, wo Sie ungestört im Liegen oder in einer bequemen Sitzhaltung Ihre Entspannungsübung durchführen können. Dämpfen Sie tagsüber das Licht ein wenig. Vermeiden Sie enge Kleidungsstücke und störende Utensilien, Brille und Uhr sollten Sie abgelegen. Die Entspannungsübungen können Sie mit offenen oder geschlossenen Augen durchführen.
Machen Sie einige tiefe Atemzüge und lassen Sie Ihren Körper locker und angenehm schwer werden. Spannen Sie nun nacheinander jeden einzelnen Muskel Ihres Körpers etwa 5 Sekunden lang an – gerade so stark, dass Sie ein leichtes Ziehen verspüren und ein deutliches Gefühl für die Lage der Muskeln haben; es soll nicht zu einer Verkrampfung kommen.
Dann lösen Sie die Spannung wieder, ohne sich viel dabei zu bewegen. Machen Sie sich etwa 10 Sekunden lang das Gefühl der Entspannung bewusst.
Wiederholen Sie Anspannung und Entspannung, wenn Sie die Entspannung nicht gleich beim ersten Mal empfinden. Während Sie die jeweiligen Muskeln anspannen, versuchen Sie alle anderen Muskeln so entspannt wie möglich zu halten.
1. Ballen Sie die rechte Faust, zählen Sie langsam von 1 bis 5, dann lassen Sie die Spannung los. Genießen Sie das Gefühl der Entspannung (10 Sekunden lang).
2. Nun ballen Sie die linke Faust, zählen langsam von 1 bis 5 und lassen dann wieder locker.
3. Nun spannen Sie die Oberarmmuskeln (Bizeps). Beugen Sie dabei die Unterarme, sodass sie im rechten Winkel zum Oberarm stehen. Dann entspannen Sie wieder.
4. Spannen Sie nun die Unterarmmuskeln (Trizeps), indem Sie mit den Handflächen flach auf die Unterlage drücken, dann entspannen Sie wieder.
5. Runzeln Sie nun die Stirn. Öffnen Sie die Augen dabei ganz weit. Ziehen Sie die Augenbrauen hoch, sodass Querfalten auf der Stirn entstehen, dann entspannen Sie wieder.
6. Ziehen Sie nun die Augenbrauen zusammen, sodass eine senkrechte Falte über der Nase entsteht – dann entspannen Sie wieder und glätten die Stirn.
7. Nun kneifen Sie die Augen ganz fest zusammen und zählen langsam von 1 bis 5, dann entspannen Sie wieder.
8. Pressen Sie nun die Lippen aufeinander, ohne die Zähne zusammenzubeißen, dann entspannen Sie wieder.
9. Nun drücken Sie mit der Zunge gegen den Gaumen, dann entspannen Sie wieder und lassen die Zunge locker im Mund liegen.
10. Beißen Sie nun die Zähne zusammen und entspannen dann wieder.
11. Drücken Sie nun den Nacken fest gegen die Unterlage oder nach hinten, dann entspannen Sie wieder.
12. Pressen Sie nun das Kinn fest auf die Brust, dann entspannen Sie wieder.
13. Ziehen Sie nun die Schultern hoch bis zu den Ohren, dann lassen Sie sie wieder fallen und entspannen sich.
14. Nun drücken Sie die Schulterblätter nach hinten zur Wirbelsäule hin zusammen, dann entspannen Sie wieder.
15. Nun atmen Sie tief ein, sodass sich der Brustkorb wölbt. Halten Sie nun den Brustkorb so und atmen nur flach weiter. Dann lassen Sie den Brustkorb zusammenfallen und entspannen sich wieder.
16. Nun drücken Sie den Bauch heraus und halten ihn eine Weile, während Sie weiter atmen. Dann ziehen Sie den Bauch ein und entspannen wieder.
17. Wenn Sie in der Liegeposition sind, heben Sie nun das Gesäß ab und machen Sie ein Hohlkreuz. Beim Sitzen spannen Sie nur die Gesäßmuskeln zusammen, dann entspannen Sie wieder.
18. Spannen Sie die Oberschenkel an, indem Sie so tun, als ob Sie mit den Knien etwas wegdrücken wollten. (Wenn Sie liegen, müssen Sie die Beine erst anziehen und aufstellen.) Dann entspannen Sie wieder.
19. Spannen Sie die Unterschenkel an, indem Sie die Füße nach unten auf die Unterlage drücken, dann entspannen Sie wieder.
Bleiben Sie nun noch einige Minuten ganz ruhig liegen und genießen Sie die Entspannung. Gehen Sie in Gedanken noch einmal alle Muskelgruppen durch und lockern Sie diese weiter. Fragen Sie sich: “Fühle ich noch Anspannung im Schulterbereich, fühle ich noch Anspannung im Gesäßbereich, fühle ich noch Anspannung im ...?” Dann zählen Sie: 4, 3, 2, 1. Bei 1 sagen Sie sich: “Ich fühle mich wohl und erfrischt, hellwach und ruhig”, und stehen auf.
Atmen Sie bei der Übung tief, langsam und gleichmäßig aus und ein. Denken Sie am Ende der Übung beim Einatmen das Wort “ganz”, beim Ausatmen das Wort “ruhig”. Störende Gedanken lassen Sie vorüberziehen, indem Sie sich wieder auf die Entspannung konzentrieren. Später, nach der Entspannungsübung, können Sie sich eingehend damit beschäftigen.
Für manche Klienten ist es hilfreich, sich, statt das Wort “ruhig” zu denken, eine angenehme Situation vorzustellen. Für Menschen, die in Belastungssituationen Kampf- oder Fluchtreaktionen zeigen, ist diese Entspannung sinnvoll, da besonders die Skelettmuskulatur angespannt wird. Sie lernen durch das Anspannen und Entspannen der Muskulatur ihren Körper besser kennen, werden sich der Anspannung bewusst und die Übung kommt ihrem Bewegungsdrang entgegen.
Die positivste Wirkung auf das körperliche und seelische Befinden wird erzielt, wenn die Progressive Muskelentspannung anfangs täglich durchgeführt wird.
Die Ampelübung: Sonderform der Progressiven Muskelentspannung
Hier werden alle Muskelgruppen – Hände, Arme, Schultern, Gesicht, Füße, Beine, Pobacken – gleichzeitig für 4 bis 7 Sekunden angespannt. Dann lässt man wieder los, entspannt sich und konzentriert sich auf die sich im Körper ausbreitende Entspannung.
Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson ist als CD erhältlich.
Auch Psychologen und Volkshochschulen bieten Kurse zum Erlernen dieses Entspannungsverfahrens an.
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