Gefahren der Einnahme von Beruhigungsmitteln bei Angst. Kapitel 9 des Ratgebers Ängste verstehen und überwinden.
Kapitel 9 Ratgeber: Ängste verstehen und überwinden
Viele meiner Klienten kommen nach einer Odyssee von Besuchen bei unterschiedlichsten Ärzten und mit einem Cocktail an unterschiedlichsten Beruhigungsmitteln zu mir in die Praxis. Laut neuester Untersuchungen sind eine halbe Million Bundesbürger abhängig von Beruhigungsmitteln wie z.B. Valium, Adumbran, Tavor, Lexotanil, Dalmadorm, Tranxilium, Librium, Praxiten.
Jährlich werden in der BRD eine Milliarde Beruhigungsmittel vom Benzodiazepin-Typ verschrieben. Viele meiner Klienten sind meist völlig unbeabsichtigt und ungewollt in die Sucht hineingeraten. Es fing alles so harmlos an ...
Zunächst einmal führte sie der Weg wegen körperlicher Beschwerden und ihrer Ängste zum Arzt. Der Arzt stellte die Diagnose vegetative Dystonie, Angstneurose, psychosomatische Beschwerden und verordnete ihnen ein Beruhigungsmittel zur Angstlösung und Entspannung - meist ohne Hinweis auf die abhängigmachende Wirkung des Mittels.
Da das Beruhigungsmittel wie ein Zaubermittel die Angst wegnimmt, alle Anspannung wegbläst, ist es kein Wunder, dass der Betroffene es immer häufiger einnimmt. Es ist ja so angenehm, sich besser zu fühlen - trotz allem Unglück der Welt und ohne etwas tun zu müssen, seine Konflikte zu lösen.
Mit der Zeit braucht der Betreffende immer mehr und immer häufiger von den Wunderpillen (z.T. zwischen 50 und 80 Stück täglich!), bis er sich schließlich sein Leben nicht mehr ohne Medikamente vorstellen kann.
Zu Beginn hat er die Einstellung: "Ich könnte die Tablette mal nehmen, vielleicht hilft sie mir. Ich weiß mir sonst keinen Rat mehr”. Dann denkt er: "Die Tablette hat mir gut getan, ich nehme wieder eine, dann geht es mir besser”. Schließlich ist er von dem Gedanken besessen "Ohne Tablette schaffe ich es nicht”. Er ist psychisch abhängig geworden. Seine Fähigkeiten, mit belastenden Situationen auch ohne chemische Keule umzugehen, verkümmern zusehens.
Dann folgt die körperliche Abhängigkeit meist auf den Fuß. Der Körper gewöhnt sich an die Tabletten und fordert die beständige Einnahme, indem er Entzugserscheinungen zeigt, wenn er keine Tablette bekommt. In den ersten 4 bis 6 Wochen nach Einnahmebeginn ist die Wirkung der Tabletten am größten. Danach bringt auch eine höhere Dosis keine weitere Angstbefreiung.
Das alleine wäre schon Grund genug, keine Beruhigungstabletten mehr zu verschreiben. Die anfängliche erhöhte Leistungs- und Belastungsfähigkeit läßt wieder nach, es kommt zu Konzentrationsstörungen. Klienten beschreiben, dass sie wie unter einer "Käseglocke” herumlaufen.
Es kommen keine Gefühle mehr an sie heran und keine Gefühle aus ihnen heraus. Die Tabletten werden nun eingesetzt, um die von ihnen erzeugten Entzugserscheinungen wie Ängste, innere Unruhe und Schlaflosigkeit zu vertreiben.
Der Besuch beim Arzt zur erneuten Tablettenverordnung wird zur Regelmäßigkeit. Weigert sich der Arzt, der als erster die Tabletten verordnet hat, ein weiteres Attest auszuschreiben, beginnt die Suche nach dem nächsten Arzt.
Der Betroffene merkt meist, dass mit ihm etwas nicht stimmt, dass er abhängig ist. Ein eigenständiges Absetzen der Tabletten und der Entschluß, keine mehr zu nehmen, enden meist mit starken körperlichen Beschwerden, so dass dann doch der Griff zur Tablette wieder erfolgt.
Ich bin nicht grundsätzlich gegen Beruhigungstabletten, warne aber ausdrücklich vor einer zu leichtfertigen Verordnung und Einnahme. Beruhigungstabletten sind sinnvoll, um kurzfristig eine Krisensituation (Tod eines Partners, bevorstehende schwere Operation, psychotische Störung, die erste Zeit nach einem Herzinfarkt) zu überbrücken.
Sie sind nicht geeignet, Ängste, die seelische Ursachen haben, zu lösen und zu heilen. Der alleinige Einsatz von Beruhigungsmitteln führt hier zwangsläufig zur Sucht und Aufrechterhaltung der Angst.
Tabletten lösen keine Konflikte und Probleme, verändern keine den Ängsten zugrundeliegenden Einstellungen. Beruhigungstabletten gaukeln eine heile Welt vor, die in Wirklichkeit nicht besteht. Sie machen die negativen Gefühle nicht mehr spürbar.
Die Angst vor der Angst wird mit der Zeit immer größer. Der Betroffene kann mit Hilfe der Beruhigungstabletten möglichweise wieder in die Situationen gehen, die er zuvor vermieden hat, aber die angsterzeugenden Gedanken bleiben dennoch bestehen.
Machen Sie zuallererst eine Bestandsaufnahme und bestimmen Sie das Ausmaß Ihrer Abhängigkeit:
Wenn Sie mehrere Fragen mit ja beantwortet haben, ist es sinnvoll für Sie, einen Nervenarzt aufzusuchen. Es ist keine Schande und Sie trifft keine Schuld, in Abhängigkeit zu geraten. Wichtig ist, dass Sie Schritte unternehmen, sich wieder von der Sucht zu befreien.
Von alleine löst sich die Sucht nicht wieder auf. Legen Sie dem Nervenarzt die Karten auf den Tisch und sagen Sie ihm offen und ehrlich, wann und wieviele Tabletten Sie täglich nehmen. Ihr Arzt wird mit Ihnen dann besprechen, ob Sie die Tabletten langsam absetzen können, oder ob es besser ist, wenn Sie zur Entzugsbehandlung in die Klinik gehen.
Sollte Ihr Arzt Ihre Besorgnis nicht verstehen, wenden Sie sich an eine örtliche Suchtberatungsstelle, deren Anschrift Sie im Telefonbuch finden. Ich weiß, dass Ihnen bei diesen Gedanken, abhängig zu sein oder gar in die Klinik zur Entzugsbehandlung zu müssen, gar nicht wohl zumute ist und Sie am liebsten diese Gedanken wegschieben würden.
Tun Sie es nicht - Ihnen zuliebe. Die Sucht wird sich nicht von alleine auflösen. Jeder Tag zählt, an dem Sie sich entscheiden, sich von der Sucht zu befreien.
>>> Weiterlesen im Ratgeber Ängste verstehen und überwinden
Kapitel 2
Die wahre Ursache für unsere Gefühle
Kapitel 6
Angst und ihre Berechtigung
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Zur Zeit habe ich wieder depressive Stimmung zu tun. Ich nehme zwei Tabletten täglich ein. (Antidepressiva einmal für den Tag und eine für die Nacht. Wenn ich unter Stress stehe werde ich manchmal unruhig. Ich tue schon was gegen die Depression. Hobby, Sport, mal was Unternehmen mit Freunden oder mal alleine oder mit der Familie. Ich pflege meine Demenz kranke Mutter zu Hause. Sie hatte vor vker Jahren einen Schlaganfall erlitten. Seidem ein pflegefall. Ist seidem sehr empfindlich geworden. Sie äußert sich dann mit jammern.