Selbstachtung aufbauen und stärken. Wie sich annehmen lernen?

Machen Sie Schluss mit Selbstablehnung und Selbstkritik. Vier einfache Tipps, wie Sie Ihre Selbstachtung aufbauen und stärken können.

Selbstachtung aufbauen und stärken. Wie sich annehmen lernen?
© Sarah Cervantes, unsplash.com

Sich mit seinen Schwächen und Fehlern annehmen und Selbstmitgefühl zeigen können ist wichtig für ein gesundes Selbstvertrauen. Wir kennen sie alle, die Stimme, die uns sagt, dass mit uns etwas nicht in Ordnung ist. Sie macht uns Vorwürfe, dass wir zu dick, zu dünn, zu schüchtern, zu egoistisch sind, dass wir nie einen Partner abkriegen werden, weil alle anderen schöner, intelligenter und liebenswerter sind u.v.m.

Diese Stimme suggeriert uns auch, dass ihre harschen und vernichtenden Urteile nur zu unserem Besten sind. Würde sie nicht unermüdlich über uns wachen und uns ständig auf unsere Fehler aufmerksam machen, dann würde noch Schlimmeres passieren. Diese abwertende und anklagende Stimme kann auch der innere Kritiker genannt werden. Der innere Kritiker will uns vorgaukeln, dass er uns mit seinen vernichtenden Urteilen einen Gefallen tut. Das ist jedoch Blödsinn.

Der erste Schritt von Selbstablehnung hin zu Selbstakzeptanz, Selbstachtung und Selbstmitgefühl ist, zu erkennen, dass der Kritker keine nützliche Funktion mehr in unserem Leben erfüllt. Wir sind erwachsen und können selbst entscheiden, was gut und schlecht, richtig und falsch ist. Die Normen und Werte unserer Eltern müssen nicht auch für uns gelten und richtig sein.

Der zweite Schritt besteht darin, dass wir die Urteile unseres inneren Kritikers anschauen, diese hinterfragen und in Frage stellen. Wenn wir den inneren Kritiker sagen hören: Du machst immer alles falsch. Du bist ein Versager, dann können wir uns fragen: „Stimmt das?“ Und da solche absoluten Urteile nie stimmen, können wir uns und dem Kritiker klarmachen, dass wir manchmal (!) Fehler machen – was ganz menschlich ist – aber bestimmt nicht immer (!). Und wir können uns klarmachen, dass wir uns für unsere Fehler und Schwächen nicht schämen und verurteilen müssen und schon gar kein Versager sind.

Wenn wir ein solches Selbstmitgefühl entwickeln, also für unsere Fehler, Schwächen und Missgeschicke ebenso viel Verständnis aufbringen, wie wir es bei anderen aufbringen, dann ist der Weg frei für den Aufbau einer gesunden Selbstachtung. Doch das ist nicht alles. Sich annehmen und seine Selbstachtung stärken erfordert mehr.

Selbstachtung und Selbstakzeptanz aufbauen – wie geht das?

Was bedeutet es, sich selbst anzunehmen und zu achten? Schlicht und einfach, sich so zu akzeptieren wie man ist, d.h. ohne sich zu ändern. Viele Menschen haben damit Probleme, weil sie glauben, das bedeute, dass sie sich nicht mehr bemühen würden, sich zu verändern und zu verbessern und das Böse so über sie Gewalt bekäme.

Das stimmt jedoch nicht. Wir können etwas nicht ändern, ohne es vorher zu akzeptieren. Etwas akzeptieren heißt nicht, es gut zu heißen oder zu mögen. Es bedeutet einfach, anzuerkennen, dass es da ist, dass es Realität ist. Es geht darum, die negative Konditionierung zu stoppen, d.h. sich nicht zu bestrafen. Deshalb der Rat:

Selbstmitgefühl entwickeln – Teil der Selbstachtung

Haben Sie Mitgefühl mit sich und zeigen Sie Verständnis für Ihre Fehler und Schwächen. Wie würden Sie sich einem lieben Menschen gegenüber verhalten, wenn er ein Problem hätte oder einen Fehler machen würde? Würden Sie verständnislos reagieren? Würden Sie harsch und voller Verachtung reagieren? Würden Sie ihn als Abschaum bezeichnen und sich von ihm abwenden?

Sicherlich nicht. Sie würden mitfühlend, liebevoll, wohlwollend und verständnisvoll mit ihm umgehen. Sie würden ihm den Rücken stärken und nachsichtig mit seinen Fehlern sein. Sie würden ihm verzeihen. Sie hätten Verständnis für ihn. Richtig?

Behandle dich so, als wärst du jemand, den du magst.

Behandle dich stets selbst genauso, wie du einen lieben Menschen behandeln würdest: wohlwollend, verständnisvoll, liebevoll, nachsichtig, akzeptierend. Statt durch Selbstvorwürfe und harsche Selbstkritik Salz in die Wunde zu streuen, lege ein Pflaster auf die Wunde, d.h. zeige Selbstmitgefühl für deine Fehler, Pannen und Schwächen.

Wenn Sie das tun, dann wird sich Ihr innerer Kritiker zu Wort melden. Er wird Ihnen sagen, dass Sie zu nachsichtig mit sich sind. Er wird Ihnen sagen, dass Sie diese Nachsicht nicht verdient haben. Er wird Ihnen suggerieren, dass Sie es bitter bereuen werden, so nachsichtig mit sich zu sein, weil Sie jetzt dem Bösen in Ihnen keinen Einhalt mehr gebieten. Glauben Sie ihm nicht.

  • Machen Sie sich und ihm klar, dass (Selbst-)Liebe, Selbstmitgefühl und Selbstachtung der einzig richtige Weg ist.
  • Mache Sie sich und ihm klar, dass (Selbst-)Hass und Selbstablehnung die Menschen nicht verbessert und verändert.

Das können nur Liebe, Güte, Verständnis und Nachsicht. Deshalb der Rat: Schreiben Sie alle Beurteilungen und Verurteilungen Ihres inneren Kritikers auf. Wenn Sie die Selbstanklagen schwarz auf weiß haben, dann können Sie sich besser mit ihnen auseinandersetzen. Hinterfragen Sie sie, stellen Sie sie in Frage, stellen Sie deren Bedeutung für sich in Frage. Je mehr Sie das tun, umso mehr schwächen Sie deren Einfluss auf sich und damit den Einfluss Ihres Kritikers auf sich.

Die positiven Seiten einer gesunden Selbstachtung

Wenn Sie Ihre Selbstachtung stärken, dann werden Sie eine Reihe positiver Veränderungen in Ihrem Verhalten und Befinden feststellen. Hier die fünf wichtigsten:

1. Sie können gelassener mit Kritik und Ablehnung umgehen.
Sie sind nicht gleich am Boden zerstört, wenn Ihnen jemand etwas Negatives sagt. Sie haben weniger Angst, kritisiert zu werden. Warum? Weil Sie wissen, dass Sie liebenswert und in Ordnung sind. Daran ändert die Meinung der anderen nichts.

2. Sie haben Verständnis für Ihre Fehler und Schwächen.
Wenn Sie überzeugt sind, in Ordnung zu sein, dann können Sie sich Ihre Fehler und Schwächen verzeihen. Sie hacken nicht mehr ständig auf sich herum, weil Sie nicht perfekt sind.

3. Sie sind milder zu anderen und können diesen deren Fehler verzeihen.
Wenn Sie Verständnis für Ihre Fehler haben, wenn Sie von sich nicht verlangen, perfekt sein zu müssen (was der Fall ist, wenn Sie sich annehmen), dann können Sie auch anderen gegenüber Milde walten lassen. Das ist nicht unbedingt ein Geschenk für die anderen – sondern ein Geschenk, das Sie sich machen. Warum? Weil es nicht gut tut, sich ständig über die Fehler der anderen aufzuregen.

4. Sie beneiden andere nicht mehr.
Sie gönnen anderen, was diese haben und freuen sich über das, was Sie haben und können. Sie sind dankbar für das, was Sie haben. Ohne Neid lebt es sich zufriedener.

5. Sie fühlen sich nicht mehr unter Druck, ständig an sich arbeiten und besser als andere sein zu müssen.
Sie kennen vermutlich diesen Druck, ständig besser werden zu wollen und an sich zu arbeiten – mehr Sport treiben und fitter werden, abnehmen, gesünder essen, mehr verdienen, … Wenn Sie sich achten, dann fällt dieser Druck weg. Das heißt nicht, dass Sie sich nicht mehr verbessern wollen. Sie tun das nur ganz selbstverständlich, weil es Spaß macht.

Was meinen Sie? Lohnt es sich für diese Vorteile, Ihre Selbstachtung zu stärken? Ich finde Ja. Schauen wir uns an, wie Sie eine gesunde Selbstachtung aufbauen können.

Gesunde Selbstachtung (Selbstannahme) in 4 Schritten

TIPP 1: Stelle keine Vergleiche mit anderen an.

Sie sind einzigartig. Auch wenn Sie vieles mit anderen gemeinsam haben, gibt es keinen anderen Menschen auf der Welt, der so aufgewachsen ist wie Sie, der eine solche Ausstattung an Persönlichkeitsmerkmalen hat wie Sie. Deshalb ist es nicht sinnvoll, sich zu vergleichen. Ein Apfel ist ein Apfel und eine Orange ist eine Orange. Man kann beide nicht vergleichen.

TIPP 2: Stelle keine Vergleiche mit deinem Idealbild an.

Sie haben von sich vermutlich ein Bild in deinem Kopf, wie Sie sein sollten oder sein wollen. Dieses Bild ist das Ergebnis Ihrer Sozialisation und Ihrer Erfahrungen mit anderen Menschen.

Wer sich  für liebenswert hält, muss den Vergleich mit anderen nicht fürchten.

Dieses Idealbild kann sich auf Ihr Äußeres, aber auch auf Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale beziehen. Ihr Idealbild von sich ist mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit nicht auf Ihrem Mist gewachsen. Das haben Sie sich nicht ausgedacht und ausgesucht. Das haben sich andere – Ihre Eltern, Erzieher, Gleichaltrige – für Sie ausgedacht.

Ihr Ideal von sich entspricht also den Erwartungen und Vorstellungen anderer, nicht den Ihren! Wenn Sie ein Ideal von sich haben möchten, dann wählen Sie Ihr eigenes! Überlegen Sie sich deshalb, wie Sie sein möchten, wer Sie sein möchten, was Sie sein möchten. Und dann entwickeln Sie sich zu dem, der Sie sein möchten. Werden Sie Schritt für Schritt zu dem Menschen, der Sie sein möchten. Solange, bis Sie zu dem geworden sind, der Sie sein möchten, beherzigen Sie den folgenden Rat.

TIPP 3: Gebe dir selbst die Liebe und den Beifall, den du dir von anderen wünschst.

D.h.: Was immer Sie tun, wer immer Sie sind, behandeln Sie sich selbst so, wie Sie gerne von anderen behandelt werden möchten und/oder wie Sie einen Freund behandeln würden. Akzeptieren Sie sich so, wie Sie sind und was Sie sind, auch wenn Sie nicht der sind, der Sie sein möchten. (Selbst-)Liebe verändert Ihre Welt.

TIPP 4: Machen das Trainingsprogramm Selbstachtung stärken.

Dieses psychologische Online-Programm kann Ihnen helfen, im Laufe von vier Wochen Ihre selbstablehnenden Gedanken zu reduzieren. Das Gefühl der Unzulänglichkeit ist gelernt. Deshalb können Sie es Schritt für Schritt überwinden. Sie brauchen jedoch etwas Geduld. Die Veränderung braucht Zeit – Monate und manchmal auch Jahre. Lesen Sie dazu auch den Beitrag: Wie Selbstablehnung und Selbstkritik entstehen.

Was dich nachdenklich machen sollte …

Wenn Ihnen jemand sagt, Sie seien total unfähig, ein Vollidiot, ein Versager, ein Arsch. Fänden Sie das respektlos? Vermutlich. Warum werfen Sie sich solch respektlose Worte selbst an den Kopf?

Eine positive Selbstachtung ist das wertvollste, das du besitzen kannst. Mach dir dieses Geschenk.

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Sandra schreibt am 12.07.2021

Ich mag die Artikel immer sehr.

Einen kleinen Hinweis muss ich jedoch angeben.

Ihr schreibt mal in der sie Form und mal im du.

Insgesamt finde ich du schöner.
Alles in allem lässt sich natürlich beides gut lesen, jedoch nicht in einem Text 😇


Anna Cristina Joos schreibt am 26.08.2020

An Dr. Rolf Merkle:
Ganz, ganz herzlichen Dank für die beiden Bücher: "So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen" und "Lass dir nicht alles gefallen". Es gibt nicht wirklich Worte dafür, wieviel mir diese Bücher geholfen haben, jetzt helfen und vermutlich noch lange helfen werden. Ich brauchte diese Bestätigungen ganz dringend und nehme sie mir immer wieder.


Caro schreibt am 13.02.2020

Ich frage mich immer dann, wenn es am Schlimmsten ist: "Willst Du das wirklich? Willst Du so leben?" Dann ist die Antwort: "NEIN!" Und dann frage ich in mich: "Was kannst du konkret tun, damit es besser/anders wird?" Dann folgen Taten. Erst einmal Ordnung schaffen, putzen und dann können andere Dinge folgen, die mir gut tun. Spaziergänge, ein interessantes Buch, Zeit zum Puzzlen, Kurse/Ausstellungen besuchen, bewusst soziale Kontakte zulassen, etc...


Lucia schreibt am 29.01.2020

Ich sehe meine positiven Seiten und bin Stolz auf mich. Ich habe für mein Selbstvertrauen, Selbstwert, Selbstachtung schon viel lernen und erfahren dürfen. Geduld und Reflektion waren dabei super wichtig.


Doris Palfinger schreibt am 27.01.2020

Wenn der innere Kritiker sich meldet, sage ich sofort, "stop du bist ein alter Gedanke. Ich entscheide mich dafür einen positiven Gedanken zu denken"Und kehre den negativen Gedanken in einen Positven um.


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 Selbstachtung und Selbstakzeptanz aufbauen – wie geht das?
 Selbstmitgefühl entwickeln – Teil der Selbstachtung
 Die positiven Seiten einer gesunden Selbstachtung
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