Selbstachtung aufbauen und stärken: Wie kannst du dich annehmen lernen?

Mach Schluss mit Selbstablehnung und Selbstkritik und bring deinen inneren Kritiker zum Schweigen. Diese 4 einfache Tipps helfen dir, mehr Selbstachtung aufzubauen und dich selbst akzeptieren zu können.

Selbstachtung aufbauen und stärken: Wie kannst du dich annehmen lernen?
© Annie Spratt, unsplash.com

Sich mit seinen Schwächen und Fehlern annehmen und Selbstmitgefühl zeigen zu können, ist wichtig für ein gesundes Selbstvertrauen. Wir kennen sie alle, die Stimme, die uns sagt, dass mit uns etwas nicht in Ordnung ist. Sie macht uns Vorwürfe, dass wir zu dick, zu dünn, zu schüchtern, zu egoistisch sind, dass wir nie eine Partnerin oder einen Partner abkriegen werden, weil alle anderen schöner, intelligenter und liebenswerter sind usw.

Diese Stimme suggeriert uns auch, dass ihre harschen und vernichtenden Urteile nur zu unserem Besten sind. Würde sie nicht unermüdlich über uns wachen und uns ständig auf unsere Fehler aufmerksam machen, dann würde noch Schlimmeres passieren. Diese abwertende und anklagende Stimme wird auch der innere Kritiker genannt. Der innere Kritiker will uns vorgaukeln, dass er uns mit seinen vernichtenden Urteilen einen Gefallen tut. Das ist jedoch Blödsinn.

Der erste Schritt von Selbstablehnung hin zu Selbstakzeptanz, Selbstachtung und Selbstmitgefühl ist, zu erkennen, dass der innere Kritker keine nützliche Funktion mehr in unserem Leben erfüllt. Wir sind erwachsen und können selbst entscheiden, was gut und schlecht, richtig und falsch ist. Die Normen und Werte unserer Eltern müssen nicht auch für uns gelten und richtig sein.

Der zweite Schritt besteht darin, dass wir die Urteile unseres inneren Kritikers anschauen, diese hinterfragen und in Frage stellen. Wenn wir den inneren Kritiker sagen hören: Du machst immer alles falsch. Du bist eine Versagerin oder ein Versager, dann können wir uns fragen: Stimmt das wirklich? Und da solche absoluten Urteile nie stimmen, können wir uns und dem Kritiker klarmachen, dass wir manchmal (!) Fehler machen – was ganz menschlich ist – aber bestimmt nicht immer (!). Und wir können uns klarmachen, dass wir uns für unsere Fehler und Schwächen nicht schämen und verurteilen müssen und schon gar keine Versagerin bzw. kein Versager sind.

Wenn wir ein solches Selbstmitgefühl entwickeln, also für unsere Fehler, Schwächen und Missgeschicke ebenso viel Verständnis aufbringen, wie wir es bei anderen Menschen aufbringen, dann ist der Weg frei für den Aufbau einer gesunden Selbstachtung. Doch das ist nicht alles. Sich anzunehmen und seine Selbstachtung zu stärken erfordert mehr.

Selbstachtung und Selbstakzeptanz aufbauen – wie geht das?

Was bedeutet es, sich selbst anzunehmen und zu achten? Schlicht und einfach, sich so zu akzeptieren, wie man ist, d.h. ohne sich zu ändern. Viele Menschen haben damit Probleme, weil sie glauben, das bedeute, dass sie sich nicht mehr bemühen würden, sich zu verändern und zu verbessern und das "Böse" so über sie Gewalt bekäme.

Das stimmt jedoch nicht. Wir können etwas nicht ändern, ohne es vorher zu akzeptieren. Etwas zu akzeptieren heißt nicht, es gutzuheißen oder zu mögen. Es bedeutet einfach, anzuerkennen, dass es da ist, dass es Realität ist. Es geht darum, die negative Konditionierung zu stoppen, d.h. sich nicht zu bestrafen. Deshalb mein Rat: Bring dir Selbstmitgefühl entgegen.

Selbstmitgefühl zu entwickeln ist ein Teil der Selbstachtung

Hab Mitgefühl mit dir und zeige Verständnis für deine Fehler und Schwächen. Wie würdest du dich einem lieben Menschen gegenüber verhalten, wenn sie oder er ein Problem hätte oder einen Fehler machen würde? Würdest du verständnislos reagieren? Würdest du harsch und voller Verachtung reagieren? Würdest du sie oder ihn als Abschaum bezeichnen und sich von der Person abwenden?

Sicherlich nicht. Du würdest mitfühlend, liebevoll, wohlwollend und verständnisvoll mit der Person umgehen. Du würdest ihr den Rücken stärken und nachsichtig mit ihren Fehlern sein. Du würdest ihr verzeihen. Du hättest Verständnis für sie. Richtig?

Behandle dich stets selbst genau so, wie du einen lieben Menschen behandeln würdest: wohlwollend, verständnisvoll, liebevoll, nachsichtig, akzeptierend. Statt durch Selbstvorwürfe und harsche Selbstkritik Salz in die Wunde zu streuen, lege ein Pflaster auf die Wunde, d.h. zeige Selbstmitgefühl für deine Fehler, Pannen und Schwächen.

Wenn du das tust, dann wird sich dein innerer Kritiker zu Wort melden. Er wird dir sagen, dass du zu nachsichtig mit dir bist. Er wird dir sagen, dass du diese Nachsicht nicht verdient hast. Er wird dir suggerieren, dass du es bitter bereuen wirst, so nachsichtig mit dir zu sein, weil du jetzt dem "Bösen" in dir keinen Einhalt mehr gebietest. Glaub ihm nicht!

  • Mach dir und ihm klar, dass (Selbst-)Liebe, Selbstmitgefühl und Selbstachtung der einzig richtige Weg ist.
  • Mach dir und ihm klar, dass (Selbst-)Hass und Selbstablehnung die Menschen nicht verbessert und verändert.

Das können nur Liebe, Güte, Verständnis und Nachsicht. Deshalb der Rat: Schreibe alle Beurteilungen und Verurteilungen deines inneren Kritikers auf. Wenn du die Selbstanklagen schwarz auf weiß hast, dann kannst du dich besser mit ihnen auseinandersetzen. Hinterfrage sie, stelle sie in Frage, stelle deren Bedeutung für sich in Frage. Je mehr du das tust, desto mehr schwächst du deren Einfluss auf dich und damit den Einfluss deines Kritikers.

Die positiven Seiten einer gesunden Selbstachtung

Wenn du deine Selbstachtung stärkst, dann wirst du eine Reihe positiver Veränderungen in deinem Verhalten und Befinden feststellen. Hier die 5 wichtigsten:

Veränderung 1: Du kannst gelassener mit Kritik und Ablehnung umgehen

Du bist nicht gleich am Boden zerstört, wenn dir jemand etwas Negatives sagt. Du hast weniger Angst, kritisiert zu werden. Warum? Weil du weißt, dass du liebenswert und in Ordnung bist. Daran ändert die Meinung der anderen nichts.

Veränderung 2: Du hast Verständnis für deine Fehler und Schwächen

Wenn du überzeugt bist, in Ordnung zu sein, dann kannst du dir deine Fehler und Schwächen verzeihen. Du hackst nicht mehr ständig auf dir herum, weil du nicht perfekt bist.

Veränderung 3: Du bist auch milder zu anderen und kannst ihnen ihre Fehler verzeihen

Wenn du Verständnis für deine Fehler hast, wenn du von dir nicht verlangst, perfekt sein zu müssen (was der Fall ist, wenn du dich annimmst), dann kannst du auch anderen gegenüber Milde walten lassen. Das ist nicht unbedingt ein Geschenk für die anderen, sondern ein Geschenk, das du dir selbst machst. Warum? Weil es dir nicht guttut, dich ständig über die Fehler der anderen aufzuregen.

Veränderung 4: Du beneidest andere nicht mehr

Du gönnst anderen, was sie haben und freust dich über das, was du hast und kannst. Du bist dankbar für das, was du besitzt. Ohne Neid lebt es sich zufriedener.

Veränderung 5: Du fühlst dich nicht mehr unter Druck, ständig an dir arbeiten und besser als andere sein zu müssen

Du kennst vermutlich diesen Druck, ständig besser werden zu wollen und an dir zu arbeiten – mehr Sport treiben und fitter werden, abnehmen, gesünder essen, mehr verdienen … Wenn du dich achtest, dann fällt dieser Druck weg. Das heißt nicht, dass du dich nicht mehr verbessern willst. Du tust das nur ganz selbstverständlich, weil es dir Spaß macht.

Was meinst du? Lohnt es sich, für diese Vorteile, deine Selbstachtung zu stärken? Ich finde, ja. Schauen wir uns genauer an, wie du eine gesunde Selbstachtung aufbauen kannst.

4 Tipps für eine gesunde Selbstachtung und Selbstannahme

TIPP 1: Stelle keine Vergleiche mit anderen an

Du bist einzigartig. Auch wenn du vieles mit anderen gemeinsam hast, gibt es keinen anderen Menschen auf der Welt, der so aufgewachsen ist wie du, der eine solche Ausstattung an Persönlichkeitsmerkmalen hat wie du. Deshalb ist es nicht sinnvoll, sich zu vergleichen. Ein Apfel ist ein Apfel und eine Orange ist eine Orange. Man kann beide nicht vergleichen.

TIPP 2: Stelle keine Vergleiche mit deinem Idealbild an

Du hast von dir vermutlich ein Bild in deinem Kopf, wie du sein solltest oder sein willst. Dieses Bild ist das Ergebnis deiner Sozialisation und deiner Erfahrungen mit anderen Menschen.

Wer sich für liebenswert hält, muss den Vergleich mit anderen nicht fürchten.

Dieses Idealbild kann sich auf dein Äußeres, aber auch auf deine Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale beziehen. Dein Idealbild von dir ist mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit nicht auf deinen Mist gewachsen. Das hast du dir nicht ausgedacht und ausgesucht. Das haben sich andere – deine Eltern, Erzieher:innen, Gleichaltrige – für dich ausgedacht.

Dein Ideal von dir entspricht also den Erwartungen und Vorstellungen anderer, nicht den deinen! Wenn du ein Ideal von dir haben möchtest, dann wähle dir dein eigenes! Überlege dir deshalb, wie du sein möchtest, wer du sein möchtest, was du sein möchtest. Und dann entwickle dich zu der Person, die du sein möchtest. Werde Schritt für Schritt zu dem Menschen, der du sein möchtest. Solange, bis du zu der Person geworden bist, die du sein möchtest, beherzige folgenden Rat.

TIPP 3: Gib dir selbst die Liebe und den Beifall, den du dir von anderen wünschst

Was immer du tust, wer immer du bist, behandle dich selbst so, wie du gerne von anderen behandelt werden möchtest und/oder wie du eine Freundin oder einen Freund behandeln würdest. Akzeptiere dich so, wie du bist und was du bist, auch wenn du nicht die oder der bist, die oder der du sein möchtest. (Selbst-)Liebe verändert deine Welt!

TIPP 4: Mach das Trainingsprogramm Selbstachtung stärken

Dieses psychologische Online-Programm kann dir helfen, im Laufe von vier Wochen deine selbstablehnenden Gedanken zu reduzieren. Das Gefühl der Unzulänglichkeit ist gelernt. Deshalb kannst du es Schritt für Schritt überwinden. Du brauchst jedoch etwas Geduld. Die Veränderung braucht Zeit – Monate und manchmal auch Jahre. Lies dazu auch den Beitrag: Wie Selbstablehnung und Selbstkritik entstehen.

Was dich nachdenklich machen sollte …

Wenn dir jemand sagt, du seist total unfähig, ein Vollidiot, eine Versagerin, zu nichts nutze. Fändest du das respektlos? Vermutlich. Warum wirfst du dir dann solch respektlose Worte selbst an den Kopf?

Eine positive Selbstachtung ist das wertvollste, das du besitzen kannst. Mach dir dieses Geschenk!

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Sandra schreibt am 12.07.2021

Ich mag die Artikel immer sehr.

Einen kleinen Hinweis muss ich jedoch angeben.

Ihr schreibt mal in der sie Form und mal im du.

Insgesamt finde ich du schöner.
Alles in allem lässt sich natürlich beides gut lesen, jedoch nicht in einem Text 😇


Anna Cristina Joos schreibt am 26.08.2020

An Dr. Rolf Merkle:
Ganz, ganz herzlichen Dank für die beiden Bücher: "So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen" und "Lass dir nicht alles gefallen". Es gibt nicht wirklich Worte dafür, wieviel mir diese Bücher geholfen haben, jetzt helfen und vermutlich noch lange helfen werden. Ich brauchte diese Bestätigungen ganz dringend und nehme sie mir immer wieder.


Caro schreibt am 13.02.2020

Ich frage mich immer dann, wenn es am Schlimmsten ist: "Willst Du das wirklich? Willst Du so leben?" Dann ist die Antwort: "NEIN!" Und dann frage ich in mich: "Was kannst du konkret tun, damit es besser/anders wird?" Dann folgen Taten. Erst einmal Ordnung schaffen, putzen und dann können andere Dinge folgen, die mir gut tun. Spaziergänge, ein interessantes Buch, Zeit zum Puzzlen, Kurse/Ausstellungen besuchen, bewusst soziale Kontakte zulassen, etc...


Lucia schreibt am 29.01.2020

Ich sehe meine positiven Seiten und bin Stolz auf mich. Ich habe für mein Selbstvertrauen, Selbstwert, Selbstachtung schon viel lernen und erfahren dürfen. Geduld und Reflektion waren dabei super wichtig.


Doris Palfinger schreibt am 27.01.2020

Wenn der innere Kritiker sich meldet, sage ich sofort, "stop du bist ein alter Gedanke. Ich entscheide mich dafür einen positiven Gedanken zu denken"Und kehre den negativen Gedanken in einen Positven um.


  
Inhalt des Beitrags 
 Selbstachtung und Selbstakzeptanz aufbauen – wie geht das?
 Selbstmitgefühl zu entwickeln ist ein Teil der Selbstachtung
 Die positiven Seiten einer gesunden Selbstachtung
 4 Tipps für eine gesunde Selbstachtung und Selbstannahme
 Was dich nachdenklich machen sollte …
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