In diesem Beitrag bekommst du konkrete Hilfestellungen und Tipps, wie du dich als Angehörige oder Angehöriger von psychisch und körperlich kranken Menschen um dich selbst kümmern kannst.
Die Pflege von Menschen, die von körperlichen Krankheiten oder psychischen Störungen betroffen sind, kann vor allem für all jene, die ihnen nahe sind, zu einer großen körperlichen und seelischen Belastung werden. Das fängt damit an, dass sie ihren Tagesablauf ändern, sich sozial und persönlich einschränken und mitunter auch ihre Hobbys, Vorlieben oder gar Lebensziele dafür opfern müssen. Umso wichtiger ist es, dass Pflegende gut für sich selbst sorgen, auf ihre psychische und körperliche Gesundheit achten und sich persönliche Freiräume bewahren.
Wenn du andere durch eine Krise begleitest, achte auf die Balance zwischen Fürsorge und innerer Stabilität.
Die Freundin wird von ihrem Mann verlassen, der Partner verliert den Arbeitsplatz, die Mutter erkrankt schwer … Als Person „in der zweiten Reihe“ erleben wir eine Lebenskrise eines uns nahen Menschen immer unmittelbar mit. Auch wenn sie uns nicht persönlich betrifft, berührt sie uns eben doch – durch die Beziehung, die wir mit der anderen Person haben. Denn wir alle stehen immerzu miteinander im Kontakt. Das gilt natürlich auch für diejenigen, die sich in Krisensituationen befinden. Sei es mit der Partnerin oder dem Partner, mit den Kindern, den Eltern, den Arbeitskolleg:innen oder den Freund:innen.
Tritt nun ein körperliches oder seelisches Problem für kurze Zeit und vorübergehend auf, können das Betroffene noch weitgehend selbst regeln und vor anderen verheimlichen. Oder das Umfeld kann sich zumindest noch relativ leicht damit arrangieren. Bei chronischen oder wiederkehrenden Erkrankungen steigt die seelische Belastung der Menschen im Umfeld enorm. Das gilt vor allem für die Angehörigen und noch mehr, wenn sie häuslich pflegen.
Der erste Impuls gegenüber einer oder einem Betroffenen ist meist zu helfen. Dabei vergessen wir aber, dass wir als Begleitende diese Krise ebenso durchschreiten – wenn auch auf eine andere Art und Weise. Und dass wir selbst stabil bleiben müssen, um für unsere Mitmenschen da sein zu können.
Denn jede seelische Belastung und Störung, angefangen von Liebeskummer und Trauer, über Essstörungen, einer Angsterkrankung, Depression, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, Demenz, Psychose oder einer Zwangserkrankung stellt die Angehörigen zudem vor ganz individuelle Probleme und Herausforderungen. Natürlich können auch chronische körperliche Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes eine enorme Herausforderung sowohl für Betroffene als auch für Angehörige darstellen. Es hängt also nicht in erster Linie an der erkrankten Person, sondern an der begleitenden.
In der Begleitung von Angehörigen entsteht zudem häufig das Problem, dass nicht beide gleichzeitig den Krisenprozess durchlaufen. Die Betroffenen sind beispielsweise schon bei der Akzeptanz, während die Angehörigen noch in der Ablehnung stecken. Es können von beiden Seiten Erwartungen an das Gegenüber gestellt werden, die vielleicht nicht erfüllt werden.
Für dich als Angehörige oder Angehöriger eines Menschen mit körperlichen oder psychischen Erkrankungen ist wichtig ist zu verstehen, dass jede und jeder seine eigene Krise durchschreitet. Das bedeutet: Selbst, wenn es eine der größten Herausforderung für dich ist, andere leiden zu sehen – du kannst ihnen ihr Schicksal und ihre Last nicht abnehmen. Trotz ihres Leids geht das Leben weiter. Auch in und mit Krisen gibt es schöne Momente. Es gibt Zeiten für Glück und Freude, genauso wie es Schmerz und Leid gibt.
Mach das fremde Schicksal nicht zu deinem, sondern kümmere dich um dich, um stark zu bleiben. Nur so wird es dir gelingen, weiter mit der betroffenen Person zusammenzuleben. Du wirst eine Zeit erleben, die alle Gefühle und alle Zustände mit sich bringt. Wenn es dir gelingt, bei dir selbst zu bleiben und dich nicht mit der Krise der oder des anderen zu identifizieren, könnt ihr sie zusammen durch- und überstehen.
Ebenso wie die betroffene Person selbst erlebst auch du als ihr nahestehender Mensch im Verlauf der Erkrankung ganz unterschiedliche Gefühlsreaktionen. Dazu kommen von Tag zu Tag Stimmungsschwankungen, abhängig von deiner eigenen körperlichen und seelischen Verfassung. So wirst du an ihr und dir unterschiedliche Reaktionen auf die Erkrankung feststellen:
Es kann für dich, vor allem anfangs, sehr schmerzhaft sein, zu erfahren, dass deine Angehörige oder dein Angehöriger erkrankt ist. Eine typische Reaktion darauf kann sein, dass du dir einredest, dass sich alle täuschen, eine falsche Diagnose gestellt wurde, dass die oder der Betroffene nicht krank ist oder dass alles gar nicht so schlimm ist. Das tust du, um deinen Schmerz zu vermeiden oder etwas zu lindern. Denn meistens bist du erst einmal allein damit und kannst dich nicht trösten lassen – schon gar nicht von der betroffenen Person.
Du bist traurig darüber, dass deine Angehörige oder dein Angehöriger erkrankt ist, leidet und Schwierigkeiten im Alltag hat – diese Reaktion ist nach außen gewandt. Aber du trauerst natürlich gleichzeitig auch darum, dass dieser Mensch an deiner Seite viele schöne Dinge nicht mehr (mit dir) unternehmen kann. Ja, mehr noch, dich daran hindert und sich dein Alltag so vollkommen verändert. Vielleicht geht dein:e Angehörige:r nicht mehr aus dem Haus, liegt nur noch im Bett oder verliert die Anstellung. Vielleicht kreisen die Themen nur noch um die Erkrankung, es gibt kein Lachen und keine Unbeschwertheit mehr.
Natürlich versuchst du mit all deinen Kräften deiner oder deinem Angehörigen in allen Lebenslagen zu helfen. Möglicherweise nimmt sie oder er aber nichts an und bewegt sich nicht auf dich zu. Oder aber die Ärzt:innen sagen, es sei aussichtslos, und du verlierst die Hoffnung auf eine Verbesserung.
Nahezu alle Betroffenen haben Angst, welche negativen Veränderungen sie und ihre Angehörigen erwarten. Sie machen sich Sorgen um die Zukunft. Diese Sorgen und Ängste können auch auf dich übergehen.
Wenn die betroffene Person deine Ratschläge und Hilfe nicht annimmt, wirst du ungeduldig. Vielleicht hast du den Eindruck, sie wolle gar nicht gesund werden oder bemühe sich nicht genügend darum. Vielleicht hast du den Eindruck, sie verheimliche dir etwas. Vielleicht hast du den Eindruck, ihr fehle eine ehrliche Einsicht gegenüber ihrer Situation. Vielleicht bist du es aber auch einfach nur müde, mit anzuschauen, wie sich der Mensch an deiner Seite sich zugrunde richtet, nur noch weint oder immerzu über seine Krankheit spricht. Vielleicht hat sich die erkrankte Person stark verändert, ist oft gereizt und aggressiv und verwendet dich nur noch als Blitzableiter für ihre aufgewühlten Gefühle.
Vor lauter Pflichtgefühl und Bemühen um eine Veränderung der betroffenen Person, vernachlässigst du deine Bedürfnisse und dein seelisches Wohlbefinden. Die Folge: Du fühlst dich ausgelaugt und auch in deinen Bemühungen nicht genügend anerkannt.
Dein Körper reagiert auf die Dauerbelastung der Pflege mit Schlaflosigkeit, Anspannung, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Herzstechen, Appetitlosigkeit oder Heißhunger usw. Du bist unkonzentriert, dünnhäutig und deine Leistungsfähigkeit lässt nach.
Schlimmstenfalls, aber keineswegs selten, kommt es vor, dass sich Angehörige vorwerfen, an der Erkrankung schuld oder mitschuld zu sein. Vielleicht machst auch du dir Schuldgefühle, etwa dafür, zu wenig für deine:n Angehörige:n zu tun, zu wenig Verständnis für sie oder ihn aufzubringen, zu selten da zu sein, zu ungeduldig zu sein. Oder aber du wirfst dir vor, dass es dir gut geht, wenn es dem erkrankten Menschen schlecht geht.
Du bist kein Übermensch. Es ist daher normal, dass du der erkrankten Person gegenüber nicht immer hilfreich und angemessen reagierst. Du hast ebenso wie sie gute und schlechte Tage. Statt dich also mit Schuldgefühlen zu quälen, suche lieber nach den Ursachen und wie du sie in der Zukunft beheben kannst.
Nutze dafür beispielsweise Berichte von anderen Betroffenen und Ratgeber-Literatur für Betroffene. Achte bei deinen Recherchen aber auf qualitativ hochwertige und vertrauenswürdige Quellen. Nicht hilfreich ist es, wahllos im Internet zu surfen oder irgendwelchen Blogs auf Social Media zu folgen. Es gilt: Je mehr du über die Erkrankung, ihre Ursache und die ärztliche Diagnose weißt, desto besser kannst du sie verstehen und damit umgehen. Das hilft dir auch Abstand zu den mit der Krankheit verbundenen negativen Gefühlen zu bekommen und stärkt dich.
Wenn du es brauchst, dann hole dir zusätzlich auch ärztlichen und psychotherapeutischen Rat. Dort kannst du auch klären, wie du dich am besten der betroffenen Person gegenüber verhalten kannst.
Wenn du dich Tag und Nacht nur mit der betroffenen Person umgibst, raubt das irgendwann deine körperlichen und seelischen Kräfte. Suche deshalb aktiv den Kontakt zu Menschen, die dich ablenken, mit denen du unbeschwert lachen kannst und bei denen du dir nicht immer überlegen musst, wie du dich gerade verhalten solltest. Gönne dir eine Tätigkeit, die dich ablenkt und mit der du deine Kraftreserven wieder auftanken kannst. Sorge beispielsweise für ausreichend Bewegung, um die Anspannung abzubauen. Nutze auch Entspannungsübungen. Plane dir Zeit für dein Hobby und deinen Freundeskreis ein.
Wichtig dabei ist die Erkenntnis, dass all das keineswegs egoistisch ist, sondern notwendig, um dich bei Kräften zu halten. Du brauchst das Gefühl, nicht nur zu geben, sondern auch etwas zu bekommen.
Selbst wenn die erkrankte Person nicht mehr allein sein kann, hast du das Recht, dir Freiräume zu schaffen. Suche deshalb schon früh nach Menschen, die dich bei deiner Begleitung und Pflege entlasten können. Solange die oder der Betroffene nicht in Lebensgefahr ist und noch klar denken kann, kannst du sie oder ihn sicher auch für eine gewisse Zeit alleine lassen.
Zu erfahren, dass es anderen Angehörigen ähnlich geht und wie sie damit umgehen, kann dich unheimlich entlasten. Außerdem kannst du in einer Gruppe viele hilfreiche Tipps bekommen. Auch in einem Online-Forum kannst du dich mit anderen Angehörigen und Betroffenen austauschen und so nützliche Hilfestellungen und seelisch-moralische Unterstützung erhalten.
Erinnere dich daran, dass die erkrankte Person am Ende nur selbst ihre körperliche oder seelische Krise durchlaufen kann. Du kannst sie lediglich begleiten und unterstützen, aber niemals kannst du ihr den Weg abnehmen. Du kannst dein Gegenüber ermutigen und mit ihm konkrete Schritte besprechen. Nicht mehr, nicht weniger.
Wenn du bemerkst, dass du dich überfordert fühlst, erschöpft und depressiv wirst, körperliche Beschwerden entwickelst oder in eine Sucht oder Co-Abhängigkeit abgleitest, dann hole dir psychotherapeutische Unterstützung. In einer Therapie kannst du offen über deine Gefühle und Gedanken sprechen und lernen, besser mit der emotionalen Belastung umzugehen.
Wenn du mehr über die Begleitung und Pflege von körperlich oder psychisch erkrankten Menschen in deinem Umfeld erfahren möchtest, dann empfehlen wir das Buch: Durch die Krise begleiten von Maja Günther und Dr. Andrea Sterr, das im PAL Verlag erschienen ist.
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Ich pflege meinen schwer kranken Mann seit 4Jahren, nach einem Hirninfarkt. er kann nicht laufen, fällt um wenn er aus dem Rollstuhl aufsteht und ist nun auch etwas Demenz. Familie haben wir absolut nicht.
Freunde sind verschwunden, Nachbarn schauen weg. Absolut keinen Kontakt zur Aussenwelt. Ich sitze hier gefangen mit der Schlinge um den Hals.
Ich habe einen Pflegedienst, der ihn morgen wäscht und anzieht.Das ist für mich eine furchtbare Belastung. wir zwei waren immer alleine und nun habe ich täglich ab 7 Uhr, diese Leute im Haus,Ich muss vernünftig sein , aber es fällt mir schwer. Eine der Hilfen ist sehr frech, unverschämter Ton mir gegenüber. Ich spreche gar nicht mit der. Gestern konnte ich ihn nicht ins Bett bekommen, habe einfach nicht die Kraft. Malteser waren da und mir wurde gesagt, ich spielte die Opferrolle!!!! Tat gut.
In der Nacht 4 Uhr musste er zur Toilette, ich bekam ihn unter grösster Anstrengung aus dem Bett, auf die Toilette und wieder ins Bett.
Ich bin absolut am Ende.
Diese echte Erfahrung sollten Sie mal drucken, keiner ahnt nur was man mitmachen muss. Ich bin am Ende und habe keinerlei Lebensmut mehr. Wäre ich doch nicht geboren, mein einziger Weg zu entrinnen ist mein Tod
Ich pflege meinen Mann seit 18 Jahren. Er hat wegen multipler Erkrankungen Pflegegrad 5, Rollstuhlpatient. Die Kooperation mit den Ärzten verlief toll, sodass mein Mann noch leben kann, wenn auch unter sehr erschwerten Bedingungen. Nun habe ich feststellen müssen, dass ich selber nach so vielen aufopferungsvollen Pflegejahren und Stress an Krebs erkrankt bin. Was kann ich tun? Gesellschaftlicher Rückzug ist bereits seit Jahren in unserer Umgebung angesagt. Ich habe eigentlich niemanden mehr, der mir bei der Schwere der Pflege helfen möchte. Es denkt auch keiner daran, dass es ihm oder ihr selbst mal so gehen könnte. Man steht allein, ist einsam und selber krank. In dieser Situation werden Entlastungskräfte zusätzlich zu Belastungskräften. Sie dürfen, können und wollen vieles nicht aus Versicherungsgründen und man hat somit eine zusätzliche Belastung, statt Entlastung.
Sehr geehrte Frau Doktor, danke für Ihren blog. Gibt es eine Selbsthilfegruppe in Düsseldorf für erwachsene Angehörige von chronisch kranken Eltern? Vielen Dank für Ihre Antwort.Mit freundlichen GrüßenUrsula
Mein Mann und ich sind nun 48 Jahre verheiratet, im Jahr 2010 hat seine Alzheimererkrankung begonnen. Die Diagnose wurde aber erst 2014, erstellt. Jetzt ist er im Pflegegrad 4 (St.2) eingestuft worden und ich bin am Ende meiner Kraft. Er lässt sich nicht helfen, blockt alles ab indem er wegläuft. Auch wenn ich durch Lehrgänge darauf vorbereitet bin und damit umgehen kann, bin ich ausschließlich allein auf mich gestellt. Die Einsamkeit macht mich krank.
ich pflege meine mama und bin bei ihr angemeldet . dadurch bekommen wir pflege stufe 2 vom staat.meine frage ist was wenn ich jetzt heirate und meine anmeldung 40 km weiter weg mache ? gibt es probleme da ich dann umgezogen bin mit der versicherung . bekommen wir weiter hin die pflege kosten . ich werde sie ja weiter pflegen ?