Selbstgespräche – der Schlüssel zu Ihren Gefühlen

Selbstgespräche: Der Schlüssel zu Ihren Gefühlen. Lesen Sie in diesem Beitrag Kapitel 1 des Ratgeber-Bestsellers "Gefühle verstehen Probleme bewältigen".

Selbstgespräche – der Schlüssel zu Ihren Gefühlen
© PAL Verlag, unter der Verwendung eines Fotos von Vincent Chan, unsplash.com

Leseprobe Kapitel 1

Pausenlos, vom Aufwachen am Morgen bis zum Einschlafen am Abend, führen wir Selbstgespräche. Manchmal sind wir uns unserer Selbstgespräche bewusst, oft aber laufen sie unbewusst ab. Unsere Selbstgespräche spielen bei der Entstehung unserer Gefühle eine entscheidende Rolle. Wenn wir uns ängstliche Gedanken machen, dann verspüren wir Angst. Wenn wir uns ärgerliche Gedanken machen, dann verspüren wir Ärger. Wenn wir uns zuversichtliche Gedanken machen, dann sind wir hoffnungsvoll gestimmt. Wenn wir uns deprimierende Gedanken machen, dann sind wir deprimiert.

Ja, unsere Gedanken haben auch einen Einfluss auf unseren Körper. Wenn Sie sich vorstellen, in eine Zitrone zu beißen, dann werden Sie bei dem Gedanken daran das Gesicht verziehen und Ihr Mund wird Speichel produzieren. Wenn Sie sich ängstliche Gedanken machen, dann schlägt Ihr Herz vor Aufregung schneller, der Bludruck steigt, es wird Adrenalin ausgeschüttet u.v.m. Und unsere Gedanken schlagen sich auch in unserer Körpersprache nieder. Wenn wir uns deprimierende Gedanken machen, dann nehmen wir automatisch die Körpersprache eines deprimierten Menschen ein: Wir lassen die Schultern hängen, unser Blick ist eher auf den Boden gerichtet, wir sprechen und gehen langsam. Gedanken sind also mächtige Werkzeuge, die unsere ganze Person beeinflussen. Warum aber machen wir uns ärgerliche, ängstliche oder deprimierende Gedanken?

Erfahrungen prägen unser Denken

Unsere Selbstgespräche, d. h. was wir über uns, andere und unsere Erfahrungen denken, sind gelernt. Als Säugling und Kleinkind führen wir keine negativen Selbstgespräche, die uns ängstlich, ärgerlich, minderwertig oder deprimiert fühlen lassen. Wir bewerten und beurteilen uns, unser Verhalten, die anderen Menschen nicht. Wir sind quasi gegenüber den Menschen und dem Leben unvoreingenommen. Erst durch unsere Eltern, Erzieher, Gleichaltrige, Geschwister sowie durch Erfahrungen lernen wir, uns, das Leben, die Menschen und was diese tun, mit bestimmten Augen zu sehen.

  • Wir lernen, Menschen, Verhaltensweisen und Situationen als gefährlich oder ungefährlich, anständig oder unanständig, gut oder schlecht, richtig oder falsch, hässlich oder schön einzuschätzen. Wir verlieren mit dem Heranwachsen unsere Unvoreingenommenheit und bewerten fortan alles, was wir sehen, hören und erleben durch unsere persönliche Bewertungsbrille.
  • Wir lernen z. B., uns zu sorgen und zu ängstigen, ob andere Menschen uns anerkennen und mögen.
  • Wir lernen, uns schuldig zu fühlen, wenn wir in den Augen der anderen etwas "Schlechtes" tun.
  • Wir lernen, uns mit anderen zu vergleichen. Schneiden wir bei den Vergleichen schlecht ab, dann halten wir uns für minderwertig oder einen Versager.
  • Wir lernen, dass es wichtiger ist, was andere von uns denken, als was wir von uns selbst denken. Wir lernen vielleicht, dass man eine Sache immer perfekt machen muss.
  • Wir lernen, dass wir die Gefühle anderer verletzen und dass andere unsere Gefühle verletzen können. Wir lernen, ärgerlich zu reagieren, wenn andere unsere Erwartungen nicht erfüllen.

Mit anderen Worten: Wir lernen, unser seelisches Befinden von anderen Menschen oder den Umständen abhängig zu machen. Wir sind emotional gefangen und reagieren als Erwachsene immer wieder so, wie wir es als Kinder und Jugendliche gelernt haben.

Die gute Nachricht ist: Wir können uns aus dieser emotionalen Falle befreien. Wir sind unseren Gefühlen nicht ohnmächtig ausgeliefert.

Wir können lernen, unsere Bewertungen und Selbstgespräche zu verändern, und uns so emotional aus der Opferrolle lösen.

Ab heute haben Sie Wahlmöglichkeiten

Wenn Sie sich aus der Opferrolle befreien, dann sind Sie emotional nicht mehr wie eine Marionette von anderen Menschen oder den Umständen abhängig, d.h. Sie sind nicht mehr Sklave, sondern Herr Ihrer Gefühle.

Sie haben dann die Wahl, sich so zu fühlen, wie Sie möchten, unabhängig davon, was andere sagen oder tun bzw. was passiert. Sie können Ihre Fähigkeiten entfalten, anstatt sich in Ihrem Handeln durch Angst und negative Gefühle lähmen zu lassen.

Sie fühlen, wie Sie denken

Wenn Sie sich aus der Opferrolle befreien und mehr Einfluss auf Ihre Gefühle haben möchten, dann müssen Sie aufhören, andere oder die Umstände für Ihre Gefühle verantwortlich zu machen. Stattdessen müssen Sie die Verantwortung für Ihre Gefühle übernehmen.

Das bedeutet, dass Sie aufhören zu sagen:
Das macht mir Angst.
Du machst mich traurig.
Du machst mich ärgerlich.
Das regt mich auf.
Das nervt mich.
Das macht mich verrückt.
Das macht mich krank.
Du verletzt mich.

Stattdessen müssen Sie akzeptieren, dass Sie es sind, der sich seine guten wie schlechten Gefühle macht. Es bedeutet, dass Sie sagen:

Ich versetze mich in Angst.
Ich mache mich traurig.
Ich mache mich ärgerlich.
Ich rege mich darüber auf.
Ich nerve mich.
Ich mache mich verrückt.
Ich mache mich krank.
Ich verletze mich.

Wie soll das gehen? Wie kann ich mich ängstlich, traurig oder ärgerlich machen?

Sehr einfach. Es ist die Art und Weise, wie Sie das bewerten, was Sie sehen, hören und erleben, das darüber entscheidet, wie Sie sich fühlen. Diese Erkenntnis ist uralt. Schon vor 2000 Jahren lehrten die Stoiker: Nicht die Dinge beunruhigen die Menschen, sondern ihre Meinung über die Dinge. Oder wie Marc Aurel es ausdrückte:

Das Glück deines Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab.

Anders ausgedrückt: Sie fühlen, wie Sie denken. Es ist immer Ihre ganz persönliche Bewertung, die Sie einer Sache beimessen, die darüber entscheidet, wie Sie sich fühlen. Nur so ist es zu erklären, dass zwei Menschen ein und dasselbe erleben und dennoch emotional verschieden darauf reagieren.

Ist es nicht Veranlagungssache, wie man reagiert?

Nein. Wir werden nicht als ängstliche oder ärgerliche Menschen geboren. Die Persönlichkeit eines Menschen – sein Charakter – ist bei der Geburt nur in geringem Maße festgelegt. Die Persönlichkeit eines Menschen wird in erster Linie durch Erfahrungen geformt und geprägt. Alles, was gelernt wurde, kann auch wieder verlernt werden. Sicherlich haben Sie schon einmal erlebt, dass ein anderer völlig anders reagierte, als Sie es erwartet haben. Sie haben dann gedacht: Ich verstehe nicht, wie man dabei so ruhig bleiben kann, oder umgekehrt: Ich verstehe nicht, wie man sich über eine Bagatelle so aufregen kann.

Sie wollten damit ausdrücken, dass Sie in einer solchen Situation völlig anders reagieren würden. Wie ist das möglich? Die einzig mögliche Erklärung ist: Der andere sieht und bewertet die Situation völlig anders als Sie. Für ihn ist die Angelegenheit eine Bagatelle oder eben keine Bagatelle, sondern von großer Bedeutung. Er denkt anders als Sie und fühlt und reagiert deshalb auch anders als Sie. Diesen Zusammenhang zwischen dem Denken, unseren Selbstgesprächen, und dem Fühlen und Handeln veranschaulicht das ABC der Gefühle.

Das ABC der Gefühle – selbständig denken lernen

Jedes Mal, wenn Sie deprimiert, verärgert, ängstlich, mutlos, froh oder glücklich sind, haben Sie zuerst etwas wahrgenommen.

A Sie haben etwas gesehen, gehört, erlebt, haben sich an vergangene Ereignisse erinnert oder etwas in der Zukunft ausgemalt.

B Dann haben Sie das Gesehene, Gehörte, Erlebte, Erinnerte oder Vorgestellte bewertet.

C Aufgrund Ihrer Bewertung fühlen Sie sich traurig, verärgert, froh, ängstlich, glücklich usw.

Ich mache mich doch nicht bewusst und freiwillig unglücklich.

Sie haben Recht. Ihre Selbstgespräche, die für Ihre Gefühle verantwortlich sind, laufen oft unbewusst und automatisch ab. Gerade weil dem so ist, ist es wichtig, dass Sie sich Ihre Selbstgespräche bewusstmachen und so erkennen, dass es Ihre Gedanken sind, die Sie leiden lassen. Nur dann können Sie Ihre Selbstgespräche korrigieren und so Ihrem emotionalen Leiden ein Ende bereiten.

Das ABC der Gefühle ist der Schlüssel zum Verständnis Ihrer Gefühle und der Gefühle anderer Menschen.

Wenn Sie mir sagen, wie Sie sich fühlen, dann kann ich Ihnen sagen, was Sie denken. Das bedeutet, Tatsachen und Ereignisse sind im Hinblick auf Ihre Gefühle nicht so wichtig wie Ihre Gedanken über die Tatsachen und Ereignisse. Auch was wir in diesem Buch schreiben, ist nicht so wichtig wie das, was Sie darüber denken. Wie Sie über das Gelesene denken, entscheidet darüber, wie Sie sich fühlen, und es entscheidet auch darüber, wie Sie mit unseren Ratschlägen umgehen.

Während Sie dieses Kapitel lesen, können Sie auf das Gelesene ganz verschieden emotional reagieren. Sie können sich ärgern, sich deprimiert fühlen, sich freuen oder sich ängstigen. Sie müssen sich nur ärgerliche, deprimierende, positive oder ängstliche Gedanken machen.

Wenn Sie sich ärgern, dann sieht Ihr ABC der Gefühle vielleicht so aus:

A Situation: lese den Text über den Zusammenhang zwischen dem Denken und dem Fühlen
B Bewertung: Wie kann man nur so einen Blödsinn schreiben. Was soll dieser Psychoquatsch? Rausgeschmissenes Geld. Es ist doch ganz normal, dass man sich ärgert, wenn andere einen ausnutzen und hintergehen. Immer dieser Friede-Freude-Eierkuchen-Quatsch.
C Gefühle, Körperreaktion, Verhalten: bin verärgert, rege mich auf, werfe das Buch in eine Ecke

Wenn Sie deprimiert sind, dann sieht Ihr ABC vielleicht so aus:

A Situation: lese den Text über den Zusammenhang zwischen dem Denken und dem Fühlen
B Bewertung: Immer bin ich an allem schuld. Ich habs ja gewusst, dass ich alles falsch mache. Ich werde es nie schaffen, mein Denken zu ändern. Ich bin nun mal so, wie ich bin. Daran kann ich nichts ändern.
C Gefühle, Körperreaktion, Verhalten: bin deprimiert, bemitleide mich, lege das Buch enttäuscht und frustriert beseite

Wenn Sie froh und positiv gestimmt sind, dann sieht Ihr ABC vielleicht so aus:

A Situation: lese den Text über den Zusammenhang zwischen dem Denken und dem Fühlen
B Bewertung: Whow, das klingt echt gut. Das wäre super, wenn ich mich nicht mehr so oft ärgern würde oder keine Angst mehr hätte. Bin gespannt, wie das geht.
C Gefühle, Körperreaktion, Verhalten: bin zuversichtlich, guter Dinge, lese gespannt weiter

Sie sehen: In ein und derselben Situation können Sie verschieden reagieren. Wie Sie sich fühlen und verhalten, hängt davon ab, wie Sie das Gelesene bewerten und einschätzen. Das trifft auf alles zu.

Es sind nicht die Dinge, die über unsere Gefühle und unser Verhalten entscheiden, sondern unsere Sicht der Dinge.

Lesen Sie weiter im Ratgeber Gefühle verstehen, Probleme bewältigen

Weitere Leseproben:

Einleitung

Kapitel 4
Selbstachtung und Selbstvertrauen stärken

Gefühle Kapitel 9
Liebe und Partnerschaft

Kapitel 10
Gelassen bleiben oder sich ärgern?

Gefühle Kapitel 13
13 Blitz Tipps für gute Laune

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 Erfahrungen prägen unser Denken
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