Was ist Liebe? Wie gedeihen Liebe und Partnerschaft? Lesen Sie Kapitel 9 des Selbsthilfe-Ratgeber-Bestsellers “Gefühle verstehen, Probleme bewältigen”.
Die meisten Menschen haben von der Liebe und der Partnerschaft eine sehr unklare und oft sogar falsche Vorstellung. Kein Wunder. In den Texten der Liedermacher und Schriftsteller werden die Liebe und Partnerschaft sehr oft verherrlicht und als das höchste Glück des Menschen hingestellt. Da ist die Rede von Erfüllung, einem starken Band, das zwei Menschen verbindet, Glück, inniger Zuneigung, menschlicher Wärme, Verschmelzung und Romantik.
All das hat jedoch mit Liebe und Partnerschaft sehr wenig zu tun. Für uns als Psychotherapeuten stellt sich die Wirklichkeit oft ganz anders dar. Sie ist für viele Menschen so ernüchternd wie eine kalte Dusche. Da sind nämlich oft Ärger oder gar Hass im Spiel. Feindseligkeit, Ablehnung, Eifersucht und Enttäuschungen bestimmen den Alltag. Unsere Definition von Liebe und Partnerschaft ist eher nüchtern. Sie hat jedoch den Vorteil, dass sie Ihnen helfen kann, viele Fehler zu vermeiden, die zu Unglücklichsein und im schlimmsten Fall zum Auseinanderbrechen der Partnerschaft führen.
Liebe ist ein Gefühl, das Sie für jemanden empfinden, der Ihnen das gibt, was Sie möchten. Liebe ist im Grunde genommen also etwas sehr Egoistisches. Wir wissen, dass Sie das nicht gerne hören, aber so ist es nun mal. Sie lieben einen anderen Menschen gewöhnlich nicht um seiner selbst willen, sondern immer nur, weil er gewisse Bedürfnisse und Wünsche von Ihnen erfüllt.
Warum werden so viele Ehen geschieden und warum weicht die Liebe so oft der Gleichgültigkeit oder gar der Ablehnung? Weil der eine vom anderen nicht mehr das bekommt, was er möchte: Anerkennung, Sex, Bestätigung, Zärtlichkeit, Verständnis, Zuwendung, usw.
Menschen hören auf, Liebe für einen anderen zu empfinden, und trennen sich, wenn ihre Bedürfnisse nicht mehr befriedigt werden.
Eine Partnerschaft oder Ehe ist mit einer Firma vergleichbar. Die Partner betreiben die Firma gemeinsam, weil sie sich davon mehr versprechen als alleine. Ziel ist es, die Firma so zu leiten, dass beide Partner gewinnen und die Firma sich für beide lohnt. Beide Partner haben ihre eigenen Interessen und Vorstellungen, wie die Firma geleitet werden sollte.
So erwartet sie von ihm, dass er seinen Pflichten und Aufgaben nachkommt, und er erwartet von ihr, dass sie ihren Pflichten und Aufgaben nachkommt. Erfüllt einer von beiden die Erwartungen nicht, dann tritt der andere in den Streik. Er kämpft dann um die Einhaltung und Wahrung seiner Interessen. Gibt der andere nicht nach oder kommt es zu keinem Kompromiss, dann droht die Kündigung bzw. Auflösung der Firma.
Zwei Fallbeispiele
Petra ist seit sechs Jahren verheiratet. Im ersten Jahr war das Klima in der Beziehung noch in Ordnung. Bernd, ihr Mann, ging auf die Wünsche seiner Frau ein. Er war für sie da, wenn es ihr schlechtging, umsorgte sie, gab ihr zu verstehen, dass er sie liebte usw. Nach und nach änderte er sich jedoch. Er stellte mehr und mehr Ansprüche, ließ nur noch seinen Willen gelten und reagierte sauer, wenn Petra nicht auf ihn einging.
Petra dachte sich eine bei Frauen sehr beliebte Form des Streiks aus: Sie verweigerte sich ihrem Mann im Bett. Das war der Bereich, über den sie die alleinige Gewalt hatte. Sie konnte auf diesem Gebiet bestimmen, was geht und was nicht. Sie handelte nach dem Motto: "Du wirst schon sehen, was du davon hast, so mit mir umzuspringen." Bernd traf die Verweigerung seiner Frau sehr hart. Da sie sich nicht einigen konnten, trennten sie sich.
Ingrid heiratete Dieter vor allem aus zwei Gründen. Sie bewunderte seine sportliche Figur und sein selbstsicheres Auftreten. Nach der Heirat dauerte es jedoch nicht lange und Dieter ging wie ein Hefeteig auseinander. Er trieb keinen Sport mehr und achtete wenig auf seine Ernährung. Beruflich musste er ein paar Nackenschläge einstecken, die stark an seinem Selbstbewusstsein rüttelten. Ingrid ließ sich nach zwei Jahren scheiden.
Dieter war nicht mehr der Mann, den sie geheiratet hatte. Er besaß nicht mehr die Qualitäten, wegen derer Ingrid ihn so bewundert hatte. In der ersten Zeit der Verliebtheit macht jeder Partner dem anderen Komplimente und versucht ihm das Gefühl zu vermitteln: "Ich liebe dich." Meist stecken beide ihre eigenen Bedürfnisse zurück, »Hauptsache, wir sind zusammen«. Mit der Zeit wird jedoch vieles zur Gewohnheit. Die guten Seiten des anderen werden als normal betrachtet.
Die negativen Seiten werden entdeckt oder rücken in den Vordergrund. Manchmal verliert der Partner auch seine Vorzüge, wie das bei Dieter und Bernd der Fall war. Dann kommt es zu Konflikten. Das Paar hat zwei Möglichkeiten: Sich täglich neu zu bemühen, am anderen etwas Positives zu entdecken, oder aber sich ständig zu streiten, sich anzuschweigen und sich dann womöglich am Ende zu trennen. Eine erfolgreiche, stabile Beziehung kann nur dann weiterbestehen, wenn beide Partner etwas aus der Beziehung gewinnen.
1. Mythos: Wenn man sich wirklich liebt, dann ist man sich immer einig und es gibt keinen Streit.
Diese Vorstellung von Liebe ist ziemlich wirklichkeitsfremd. Liebe hat absolut nichts mit "Friede, Freude und Eierkuchen" zu tun. Es gibt Zeiten der Ruhe, aber auch Zeiten voller Konflikte. Friede herrscht nur solange, wie jeder das tut, was der andere von ihm erwartet.
Claudias Ehe verlief relativ harmonisch bis zu dem Tag, an dem sie beschloss, nicht länger nur zu Hause zu sitzen und die brave Ehefrau zu spielen. Sie wollte arbeiten gehen und ihr eigenes Geld verdienen. Ihr Mann sah rot, und für lange Zeit hing der Haussegen sehr schief. Claudias Entschluss war der Beginn einer sehr lang anhaltenden, heftigen Auseinandersetzung. Dieser Streit hörte erst auf, als Claudia ihr Recht durchsetzte und ihr Mann den Wunsch seiner Frau akzeptierte.
Die Menschen sind zu verschieden in ihren Ansichten und Erwartungen, als dass es immer nur Einigkeit zwischen ihnen geben könnte. Eine Auseinandersetzung ist nichts Schlechtes. Im Gegenteil! Sie kann neuen Schwung in eine Beziehung bringen und dazu beitragen, dass der Staub der Jahre hinweggewischt wird. Seine Wünsche zu äußern, ist das Recht und auch die Pflicht jedes Partners. Bringt ein Partner seine Wünsche nicht ein, weiß der andere nicht, wo er steht, und kann sich auch nicht damit auseinandersetzen.
Keiner der Partner hat jedoch ein Anrecht darauf, dass seine Wünsche vom anderen erfüllt werden. Soll die Partnerschaft erhalten bleiben und erfolgreich funktionieren, muss jeder Partner zu Kompromissen und Zugeständnissen bereit sein. Eine gute Partnerschaft lebt von dem ständigen Austausch über Wünsche und Bedürfnisse. Werden auf Dauer nur die Wünsche eines Partners erfüllt, zerbricht die Beziehung.
Eine Partnerschaft ist mit einem Garten vergleichbar. Man muss ihn pflegen und schauen, was er an Dünger und Nährstoffen braucht, damit er Freude macht und die Pflanzen gut gedeihen. Auch Partner benötigen reichlich Dünger in Form von Zuwendung, liebevollen Worten und Gesten, Liebesbeweisen, Unterstützung und Aufmerksamkeit. "Stille" Partnerschaften sind verdächtig und gefährlich, denn beide Partner wiegen sich in der Sicherheit, eine gute Partnerschaft zu führen.
Meist hat jedoch entweder ein Partner schon die innere Kündigung ausgesprochen und orientiert sich nach außen, oder aber er ist unzufrieden und äußert es nicht offen. Eines Tages kommt dann möglicherweise die Explosion, die keiner versteht: Er bricht zusammen oder bricht scheinbar grundlos einen riesigen Streit vom Zaun.
2. Mythos: Wenn man erst mal verheiratet ist, dann wird sich der andere schon ändern.
Mit dieser Hoffnung heiraten viele Männer und Frauen. Nur selten erfüllt sie sich jedoch. Im Gegenteil. Die Ehe bringt meist noch mehr Eigenschaften zutage, die man am Partner nicht mag.
Ingeborg heiratete Peter trotz seines übermäßigen Alkoholkonsums. Sie dachte, die Heirat und ihre Liebe würden aus ihm einen anderen Menschen machen und er würde schon zur Vernunft kommen. Weit gefehlt. Peter trank noch mehr und häufiger, bis er schließlich seine Arbeit und seine Frau verlor.
Michael heiratete Nicole, obwohl ihn störte, dass sie rechthaberisch war und schnell aufbrauste. Er dachte, sie werde sich schon die Hörner abstoßen, wenn sie erst mal verheiratet seien.
Manche Menschen kommen "zur Vernunft" und ändern sich, wenn sie verheiratet sind: Die meisten tun es jedoch nicht. Die Ehe ändert die Menschen nicht auf magische Weise. Ist es nicht vielmehr so, dass man vor der Ehe versucht, ein möglichst gutes Bild von sich abzugeben? Ist man erst mal verheiratet, dann gibt man so manches "Balzverhalten" auf, das man nur zu dem einen Zweck an den Tag gelegt hat, nämlich den anderen zu erobern. Man hat es dann nicht mehr nötig, eine "bella figura" zu machen und sich anzustrengen, denkt man, weil der andere einem ja sicher ist.
3. Mythos: Zu zweit ist das Leben immer schöner, und man ist glücklicher als alleine.
Das kann sein, die Regel ist es nicht. In der Regel kommen die Probleme erst, wenn man fest liiert oder verheiratet ist. Eine Partnerschaft ist ein Auf und Ab. Freude und Frustrationen wechseln sich ab. Erwarten Sie nicht, dass das Leben automatisch schöner und glücklicher wird, nur weil Sie einen anderen Menschen lieben.
Zutreffender ist die Feststellung: Zu zweit lebt es sich anders als alleine. Alleine können Sie den Vorteil haben, alles nach den eigenen Wünschen zu erledigen, aber den Nachteil, sich ab und zu einsam zu fühlen. Zu zweit können Sie den Vorteil haben, einen Partner zu haben, mit dem Sie teilen, aber auch den Nachteil, Kompromisse schließen zu müssen.
Lesen Sie weiter im Ratgeber Gefühle verstehen, Probleme bewältigen
Weitere Leseproben:
Kapitel 1
Selbstgespräche - der Schlüssel zu Ihren Gefühlen
Kapitel 4
Selbstachtung und Selbstvertrauen stärken
Kapitel 10
Gelassen bleiben oder sich ärgern?
Gefühle Kapitel 13
13 Blitz Tipps für gute Laune
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