Leseprobe aus der Einleitung des Ratgebers Lass dir nicht alles gefallen
Wir kennen uns nicht und du hast mir das Du auch nicht angeboten. Trotzdem spreche ich dich selbstbewusst mit Du an. Nicht weil ich respektlos sein will, sondern weil du dich durch das Du persönlich mehr angesprochen fühlst. Dadurch nimmst du dir meine Worte mehr zu Herzen und ihre Wirkung ist größer - hoffe ich zumindest.
Ich möchte dir zunächst ein wenig aus meinem Leben berichten. Da gab es eine Zeit, in der ich unsicher und schüchtern war. In Gegenwart anderer war ich angespannt. Ich beobachtete und kontrollierte mich, mein Verhalten und meine Worte. Ich lächelte häufig verlegen und lachte über die Witze anderer, auch wenn mir nicht zum Lachen zumute war.
Ich ließ mich bei berechtigten Kundenansprüchen, oder wenn es um die mangelhafte Qualität eines Produktes ging, schnell abspeisen und überfahren. Es war mir peinlich, zu einer Veranstaltung zu spät zu kommen. Ich hatte Angst vor missbilligenden Blicken der Anwesenden. Ich getraute mich nicht, Frauen in der Disco oder auf der Straße anzusprechen.
Wenn ich jemanden nach dem Weg fragte, begann ich mit dem Wort »Entschuldigung«. Ich ließ mich von Verkäufern überreden, Kleider zu kaufen, die mir nicht gefielen oder die mir zu teuer waren.
In Restaurants habe ich so manchen Fraß runtergewürgt, weil ich Angst hatte, mich zu beschweren. Auf die Frage des Obers »War´s recht?« antwortete ich brav mit »Ja«. Natürlich ging ich nicht mehr in das Lokal und ärgerte mich, dass ich so feige war, nicht den Mund aufzumachen.
Machte mir jemand ein Kompliment, wurde ich verlegen und sagte: »Das ist nichts Besonderes«. Ich ärgerte mich über mich, dass ich schüchtern war, und ärgerte mich über meine Mitmenschen, dass diese in meinen Augen so rücksichtslos und egoistisch waren.
Wenn mich jemand um einen Gefallen bat, sagte ich meist sofort »Ja« und ärgerte mich hinterher, dass ich vorschnell zugesagt hatte. Ich hatte Angst, etwas Persönliches zu erzählen, da ich befürchtete, mein Gegenüber könnte mich auslachen, sich über mich lustig machen und mich ablehnen, wenn er erführe, was ich für ein Mensch bin.
Ich fühlte mich oft einsam und schlenderte mit einem Gefühl des Isoliertseins und Alleinseins wie ein sträunender Kater durch die Straßen in der Hoffnung, eine Märchenfee würde mich ansprechen und von meinem Leid erlösen. Ich tat vieles, um interessant zu sein. Ich rauchte Pfeife, kleidete mich extravagant, drückte mich gewählt aus und legte mir Accessoires wie z.B. ein Handtäschchen zu.
Meine Freunde hielten mich - wie sie mir später gestanden - für sehr selbstsicher, manche auch für arrogant. Sie deuteten meine distanzierte Art (die ein Selbstschutz war) als Selbstsicherheit. Im Alter von 30 Jahren beschloss ich, so könne es nicht weitergehen. Ich fing an, mein Selbstbewusstsein zu trainieren.
Wie geht es mir heute? Heute fühle ich mich in Gegenwart anderer entspannt und locker. Ich mache mir nur noch wenige Gedanken um mein Äußeres und wie ich auf andere wirke. Ich kleide mich so, wie es mir gefällt, und verschwende keinen Gedanken daran, ob ich durch meine Kleidung bei anderen ankomme oder nicht. Ich kontrolliere mich, mein Verhalten und meine Worte nicht mehr.
Bei berechtigten Beanstandungen bestehe ich auf mein Recht als Kunde und bleibe hart. Ich kann zu einer Veranstaltung zu spät kommen und habe keine Angst mehr vor missbilligenden Blicken der Anwesenden. Ich getraue mich, Frauen anzulächeln und mit ihnen zwanglos ein Gespräch zu beginnen.
Wenn ich jemanden auf der Straße anspreche, beginne ich ohne entschuldigende Worte mit »Guten Tag, ich suche/möchte ...« Ich kaufe, was mir gefällt. Wenn ein Verkäufer meint, er müsse mir sagen, ob mir etwas steht, und er mir etwas aufschwatzen will, dann gebe ich ihm höflich und bestimmt zu verstehen, dass er sich raushalten soll.
Ich kann ohne Komplexe sagen, wenn mir etwas zu teuer ist. Ich kann mir 10 Paar Schuhe zeigen lassen, und, ohne etwas zu kaufen und ohne schlechtes Gewissen, wieder aus dem Geschäft gehen - nicht jedoch, ohne mich bei der Verkäuferin oder dem Verkäufer sehr freundlich für ihre/seine Geduld zu bedanken und ihr/ihm einen schönen Tag zu wünschen.
In Restaurants beschwere ich mich ohne Hemmungen, wenn das Essen nicht gut ist, und lasse es zurückgehen. Ich lasse mich nicht von so dummen Argumenten wie »Sie sind der Erste, dem es nicht schmeckt. Es hat sich noch niemand beschwert.« einschüchtern. Ich bezahle das Essen nicht oder verlange einen gleichwertigen Ersatz. Je nachdem, wie der Ober oder Chef reagiert, gebe ich dem Restaurant eine zweite Chance.
Wenn mir jemand ein Kompliment macht, freue ich mich darüber und sage mit einem guten Gefühl »Dankeschön«. Ich ärgere mich nicht mehr über mich, wenn ich in einer Situation Hemmungen habe - auch das kommt immer mal wieder noch vor. Wenn mich jemand um einen Gefallen bittet, überlege ich, ob ich seiner Bitte nachkommen möchte. Wenn nicht, sage ich ohne schlechtes Gewissen »Nein«.
Ich habe keine Angst, etwas Persönliches von mir zu erzählen. Was sollen andere schon entdecken? Das Schlimmste, das sie bei mir entdecken können, ist, dass ich ein Mensch bin, der Fehler und Schwächen hat.
Ich bin überzeugt, dass ich kein Monster bin und meine schlechten Angewohnheiten aus mir kein Mängelexemplar machen. Wenn ein anderer sich über mich lustig macht, dann stecke ich das weg - zumindest meistens. Manchmal juckt es mich, aber das ist in Ordnung. Auch ich habe noch meine Punkte, an denen ich verwundbar bin.
Anhand meiner Geschichte möchte ich dir zweierlei zeigen:
1. Du kannst dich ändern.
Hemmungen und Schüchternheit sind nicht angeboren, sondern angeeignet.
2. Du kannst nicht immer und überall selbstsicher sein.
Gelegentlich bin ich noch gehemmt und unsicher. Ich bin also nicht in allen Lebenslagen ein vollkommen selbstsicherer Mensch. Meine Hemmungen behindern mich jedoch nicht. Wenn sie auftreten, nehme ich sie zur Kenntnis. Ich verurteile mich nicht für sie, ärgere mich nicht darüber, dass ich unsicher bin.
Nun frägst du dich vielleicht, wie ich mich von einem unsicheren und schüchternen Menschen in einen relativ selbstsicheren Menschen verwandelt habe, und ob du das auch lernen kannst. Ja, natürlich! Du kannst viele deiner Hemmungen und Unsicherheiten überwinden. Das »Wie« zeige ich dir in diesem Buch.
Bist du bereit für einen neuen Lebensabschnitt? Bist du neugierig? Habe ich dich gerade »Ja« sagen hören? Wunderbar. Ehe du dich auf den Weg machst, hier ein paar Tipps, die dir die Reise zu einem gesunden Selbstbewusstsein erleichtern.
>>> Weiterlesen im Ratgeber Lass Dir nicht alles gefallen
Weitere Leseproben
Kapitel 2
Warum sind wir schüchtern und unsicher?
Kapitel 5
Wie andere dich manipulieren wollen
Kapitel 6
Selbstwert stärken, sich annehmen lernen
Kapitel 10
Mit berechtigter & unsachlicher Kritik umgehen
Kapitel 12
Komplimente annehmen und machen
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