Was gewinnst du, wenn du Courage bzw. Zivilcourage zeigst?

Courage oder Zivilcourage ist der Mut, für seine Überzeugungen und für andere einzutreten. Was couragiertes Verhalten beeinflusst und welche positiven Auswirkungen es auf deine Seele hat, erfährst du in diesem Lebenshilfe-ABC-Beitrag. 

Was gewinnst du, wenn du Courage bzw. Zivilcourage zeigst?
© PAL Verlag, unter Verwendung eines Fotomotivs von unsplash.com

Courage bedeutet, dass wir den Mut haben, ohne Rücksicht auf mögliche Nachteile für unsere Überzeugungen und Wertvorstellungen oder für andere, zumeist schwächere Personen, einzutreten. Sie ist immer dann gefragt, wenn die Freiheit, die Rechte oder die körperliche bzw. seelische Unversehrtheit von uns selbst oder einer anderen Person bedroht sind.

So können wir Courage zeigen, wenn wir uns auf die Seite eines schwächeren Menschen stellen oder jemandem zu Hilfe kommen, dei oder der von anderen körperlich oder verbal angegangen wird. Aber wir zeigen auch Courage, wenn wir unsere persönliche Meinung zu einem Thema äußern, das die Menschen um uns herum, eine größere Gruppe oder die Gesellschaft betrifft wie Politik, Umweltschutz oder Religion. 

Bevor wir Zivilcourage zeigen, sehen wir in einer bestimmten Situation bestimmte, für uns wichtige Werte bedroht oder schon verletzt, und wir fühlen uns berufen, sie zu verteidigen.

Was bedeutet Courage?

Der Begriff "Courage", stammt aus dem Alt-Französischen und bedeutet soviel wie aufrecht, integer und mutig zu sein, unerschrocken an Herausforderungen heranzugehen, Haltung zu zeigen. Ein couragierter Mensch steht für seine Überzeugungen ein, spricht und handelt danach. Er trifft als eigenständig denkender und handelnder Mensch Entscheidungen, die von seiner Vernunft, seinem Mitgefühl und bestenfalls seinem Optimismus getragen werden. Er überwindet dabei Vorurteile, stellt sich seiner selbstgewählten Verantwortung und nimmt für sein couragiertes Verhalten sogar das Risiko in Kauf, dafür von anderen kritisiert, ja verletzt zu werden. Kurzum: Courage zu zeigen, ist gut und bemerkenswert, es verlangt aber viel innere Stabilität und Resilienz von uns. Und zwar nicht nur vorübergehend, sondern immer.

Das gilt nicht nur für Gesellschaften wie die unsere, die weitgehend offen und werteorientiert ist, und in der das Zeigen von Courage bzw. Zivilcourage zu allermeist ohne gravierende negative Folgen bleibt. Es gilt ganz allgemein für alle Formen von Gemeinschaften – von der traditionellen Familie bis hin zu internationalen Foren im Internet oder in den Sozialen Medien. Denn sind wir unter mehreren, müssen wir immer abwägen, wie sehr wir uns verleugnen, wenn wir nicht zu dem stehen, was uns wichtig ist, und andererseits, wie sehr wir riskieren, durch eine klare Haltung von der Gruppe angegriffen oder gar ausgestoßen zu werden. Lassen wir uns mit dem Strom treiben oder schwimmen wir dagegen an?

Hilfreich in der Frage der eigenen Haltung kann es sein, einen Schritt zurückzutreten und sich klar zu machen, was wir wirklich erreichen wollen und wie sich das für uns anfühlt. Etwas „um des Friedens willen“ nicht zu tun oder zu unterlassen, führt zum gegensätzlichen Verhalten von Courage, zur Feigheit. Egal, wie wir es rechtfertigen oder hinter welchen  fadenscheinigen moralischen Vorwänden wir sie zu verstecken versuchen.

Wann und wodurch entwickeln wir ein Bewusstsein für die eigene Courage?

Entwicklungspsychologisch gesehen entwickeln wir Menschen in der Regel an zwei entscheidenden Punkten im Leben Courage: einmal im Übergang vom verträumten Kind in ein (selbst-)bewusstes Individuum, das dualistisch denkt, zwischen sich selbst und seiner Umgebung unterscheiden kann, zwischen Richtig und Falsch, Gut und Böse und das in der Lage ist für sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Zum anderen, wenn es die Situation von uns fordert. Oder anders ausgedrückt: Courage brauchen wir dann, wenn wir aus dem vermeintlichen Paradies rausgeworfen werden und fortan den Acker des Lebens selbst bestellen müssen. 

Insofern ist die Fähigkeit, couragiert zu handeln und zu kommunizieren, ein kraftvolles Werkzeug im Umgang mit anderen und den Herausforderungen des Alltags. Denn Courage ist wie ein innerer Kompass für uns, sie zeigt uns die Richtung, nimmt uns die Unsicherheit und die Furcht. 

In der Erziehung kann die Entwicklung der Courage gleichermaßen gefördert und behindert werden. Wichtig für die positive Entwicklung von Courage ist eine Zugewandtheit der Eltern und Erziehungsberechtigten für die Probleme und Herausforderungen, denen sich Kinder selbst ausgesetzt fühlen. Das kindliche Denken neigt zur Flucht aus der Wirklichkeit. Die innere Kraft, sich ihr zu stellen, muss also erlernt werden und dabei können Erwachsene ihre Kinder unterstützen. Lassen sie sie dagegen allein mit ihren Problemen, unabhängig davon, ob sie streng oder liebevoll erziehen, kann das dazu führen, dass Kinder später im Leben entweder keine Courage entwickeln, vor ihrer eigenen Courage flüchten oder aber Courage verwechseln mit einem übersteigertem Ego, bis hin zum Narzissmus

Falsch verstandene Courage

Eine falsch verstandene Courage entsteht, wenn Menschen Mut mit Wagemut und Haltung mit Überheblichkeit verwechseln bzw. vertauschen. Wenn sie ihr Ego, ihren Erfolg, ihr Wohl ausschließlich vor das anderer stellen und dieses egozentrische Verhalten mit Courage rechtfertigen. Dann ist Courage zu vergleichen mit einem Banner, das hochgehalten wird, um eine Erklärung für das eigene übersteigerte und schädliche Denken, Fühlen, Reden und Handeln parat zu haben. Oder anders ausgedrückt: für die Zurschaustellung der eigenen Kraft (und manchmal auch körperlichen und seelischen Gewalt). Eine so zur Schau gestellte Courage ist ein Instrument für das eigene Narrativ, also die prahlerische Erzählung einer sehr subjektiv geprägten Wahrheit, nach dem Motto: „Schaut her, wie mutig ich bin. Nur ich bin in der Lage, dies zu sagen und jenes zu tun!“ 

Courage darf aber auch nicht mit einer fixen Idee oder übertriebener Hartnäckigkeit, ja Halsstarrigkeit verwechselt werden. Wer sich auf Gedeih und Verderb für eine Sache einsetzt, handelt damit nicht gleich couragiert. Auch sich selbst Schwächen und ein Scheitern einzugestehen, zeugt von Courage – manchmal sogar von großer Courage.

Ist die Courage bei Frauen und Männern unterschiedlich ausgeprägt?

Durchaus. Denn das Verständnis von couragiertem Verhalten, im Sinne davon, der Realität ins Auge zu sehen und ihr mit aufrechter und integrer Haltung zu begegnen, gelingt Frauen in aller Regel besser. Einfach, weil sie aus evolutionärer Sicht durch ihren Fokus auf den Erhalt und die Weiterentwicklung von Leben mehr Zusammenhänge im Blick haben (müssen), mehr Unbekannte einberechnen, mehr das große Ganze verstehen. Ihre Courage ist deswegen eine grundsätzlich andere als die männliche, die mehr Anteile von Entwickler- und Entdeckergeist beeinflusst ist, von Wagemut und Vorausschauen, vom Einstehen für Gerechtigkeit und auch von der Bereitschaft, für eine Sache zu streiten und zu kämpfen.

Zivilcourage lernen

Um Zivilcourage zeigen zu können, benötigen wir die folgenden Fähigkeiten:

  • Wir müssen uns in andere Menschen, ihre Gefühle und Bedürfnisse einfühlen können. Wir brauchen also die Fähigkeit zu Empathie und Mitgefühl.
  • Wir müssen bereit sein, selbst etwaige Nachteile in Kauf zu nehmen, und brauchen Selbstvertrauen und Resilienz, um mit den Konsequenzen unserer Worte oder unseres Handelns umgehen zu können.
  • Wir müssen bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, und den Mut haben, ins Geschehen einzugreifen.
  • Wir müssen wissen, was in einer bestimmten Situation getan werden muss, und uns als kompetent genug betrachten, unser Hilfsangebot einzusetzen.
  • Wir benötigen das Selbstvertrauen, mit der Situation umgehen zu können.

Zivilcourage können wir im Alltag trainieren. Wir müssen nicht warten, bis jemand ins Wasser springt und wir ihn retten können. 

Es bedeutet andererseits nicht, dass wir unser eigenes Leben gefährden. Manchmal genügt es, Hilfe zu holen, als Zeuge zur Verfügung zu stehen oder gegen eine Gruppe seine Meinung zu vertreten. Gerade wenn andere Menschen tätlich angegriffen und bedroht werden, ist es angebracht, sehr genau abzuwägen, ob man der oder dem Angreifenden körperlich gewachsen ist.

Ist das nicht der Fall, dann kann übertriebene oder voreilig gezeigte Zivilcourage schnell dazu führen, sich selbst in der Lage zu bringen, Hilfe von anderen zu brauchen.

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Inhalt des Beitrags 
 Was bedeutet Courage?
 Wann und wodurch entwickeln wir ein Bewusstsein für die eigene Courage?
 Falsch verstandene Courage
 Ist die Courage bei Frauen und Männern unterschiedlich ausgeprägt?
 Zivilcourage lernen
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