Panikattacken und Panikstörung 6: Notfallstrategie

Hier erfahren Sie was Sie in einer Therapie bei einem Pschotherapeuten erwartet - welche Strategien Sie lernen und wie Sie lernen Panikattacken vorzubeugen.

Sie haben eine Reihe von Möglichkeiten, mit einem drohenden Panikanfall umzugehen. In diesem Video finden Sie 8 hilfreiche Strategien für den Notfall.

Hier ist mein TIPP Nr. 1

Panikattacken bei körperlich gesunden Menschen sind ungefährliche Ereignisse, die keine negativen Folgen haben und wieder aufhören! Auch das häufige Auftreten der Symptome wie Herzklopfen oder Herzrasen führt auf Dauer nicht zu einer Schädigung des Herzens.

Wenn Sie sich also von einem Arzt haben durchchecken lassen und Sie organisch gesund sind, dann kann Ihnen ein Panikanfall nichts anhaben. Sie sind sicher. Dieses Kopfwissen müssen Sie jedoch auch spüren, sprich Kopf und Bauch müssen derselben Meinung sein. Nur dann haben Sie wirklich die Gewissheit, dass Ihnen nichts passieren kann und wird.

Deshalb der wichtigste Rat: Lassen Sie die Panikattacke zu, so unangenehm sie auch sein mag. Sie geht vorüber, wenn Sie nicht gegensteuern oder sich dagegen wehren.

Sie ist eine ungefährliche Alarmreaktion Ihres Körpers auf Stress. Also kein Gegensteuern, keine Sicherheitsmaßnahmen ergreifen wie ein Beruhigungsmittel nehmen oder einen Arzt anrufen. Lassen Sie sich in die Panikattacke hineingleiten, atmen ruhig ein und aus und sie wird von alleine vorrübergehen.

Nur wenn Sie erleben und spüren, dass Ihre Panikattacke ungefährlich ist und von alleine wieder verschwindet, ohne dass Ihnen etwas passiert, verliert diese ihren bedrohlichen Charakter und Sie verlieren Ihre Angst davor. Alle, die unter Panikattacken gelitten und diese, bzw. die Anst davor, überwunden haben, werden Ihnen dies bestätigen.

Die Angst zuzulassen und sich ihr hinzugeben ist die beste Strategie, mit solch zwar sehr unangenehmen, aber völlig ungefährlichen Anfällen umzugehen. Wenn Sie bei einem Anfall hyperventilieren, d.h. hektisch ein- und ausatmen, dann machen Sie folgendes:

Das beste Gegenmittel bei Hyperventilation ist das langsame und ruhige Aus- und Einatmen. Durch eine tiefe und langsame Atmung wird wieder ein Gleichgewicht zwischen dem Sauerstoffgehalt und dem Kohlendioxidgehalt des Blutes hergestellt.

Eine ganz einfache und sehr wirkungsvolle Methode besteht darin, entweder in die hohle, vor den Mund gehaltene Hand zu atmen oder in eine Plastiktüte. Nach kurzer Zeit reguliert sich Ihr Atem wieder und Sie sind ruhiger. Die Strategie, bei einem Panikanfall nicht gegenzusteuern, sondern ihn zuzulassen, ist für die meisten Betroffenen sehr belastend. Das ist verständlich. Wer setzt sich schon gerne und bewusst einer Situation aus, in der er sich in Lebensgefahr sieht?

Andererseits ist dies die beste Strategie, um Ihre Angst vor Panikanfällen zu verlieren und damit Ihren Panikanfällen vorzubeugen. Nur wenn Sie erleben und spüren, dass ein Panikanfall zwar unangenehm aber ungefährlich ist, verlieren Sie die Angst vor ihm. Alle nun weiteren Strategien dienen im Grunde dazu, entweder einem drohenden Anfall vorzubeugen oder ihn abzuschwächen.

Aber seien Sie sich bewusst: durch diese Strategien werden Sie Ihre Panikattacken nicht verlieren. Dies gelingt Ihnen nur mit der soeben besprochenen Strategie, Ihre Panikanfälle zuzulassen, statt sie zu bekämpfen oder sie unterdrücken zu wollen.

Hier ist mein TIPP Nr. 2

Ein Panikanfall beginnt in aller Regel mit leichter Angst oder Besorgnis aufgrund der Wahrnehmung körperlicher Symptome und deren Bewertung als gefährlich. Durch Ihre Bewertung der Symptome als gefährlich, kommt es zu einem Aufschaukeln der Symptome und zu einer Verstärkung Ihrer Angst. D.h. Ihre Angst baut sich langsam auf.

Dieses Tatsache können Sie nutzen, um einen Panikanfall abzuschwächen oder zu verhindern. Sie haben etwa 30 Sekunden Zeit - beginnend von der Wahrnehmung der ersten Symptome, um einen drohenden Panikanfall im Keim zu ersticken. Was können Sie tun?

Hilfreich ist es, wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit weg von den körperlichen Symptomen auf Ihre Umgebung richten, auf das, was Sie sehen, hören oder riechen: beobachten Sie Passanten, merken sich die Nummernschilder der Autos oder schauen sich die Auslagen der Schaufenster an.

Helfen kann Ihnen auch,

  • wenn Sie Ihren Lieblingssong laut singen oder summen.
  • wenn Sie an einem Parfum riechen.
  • wenn Sie eine Rechenaufgabe lösen.
  • wenn Sie laut vorwärts und rückwärts zählen
  • eine schöne Musik hören
  • etwas Kaltes, kohlesäurehaltiges trinken
  • wenn Sie mit Jemandem telefonieren oder
  • sich selbst gut zuzureden, in der Art: Ich bin sicher. Ich bin gesund. Alles in Ordnung.

Kurzum: hilfreich ist alles, das Sie von Ihren ängstlichen Gedanken und den Körpersymptomen ablenkt.

Hier ist mein TIPP Nr. 3

Verändern Sie Ihren Atemrhythmus. Machen Sie die Spontanentspannung. Sie hat den Vorteil, dass Sie sich durch das Zählen von Ihren Befürchtungen ablenken. Die Spontanentspannung geht so:

Atmen Sie etwas tiefer ein als gewöhnlich und atmen in einer Bewegung wieder aus, d.h. ohne den Atem nach dem Einatmen anzuhalten. Wenn Sie ausgeatmet haben, halten Sie Ihren Atmen für ca. 6 bis 10 Sekunden an, indem Sie in Gedanken oder laut von 1001 bis 1006 oder 1010 zählen. Finden Sie selbst heraus, welche Zeit für Sie am angenehmsten ist.

Nachdem Sie den Atem angehalten haben, atmen Sie wieder ein, atmen in einer Bewegung wieder aus (ohne den Atmen anzuhalten) und halten ihn dann für weitere 6 bis 10 Sekunden an. Wiederholen Sie diese Atemübung für 2 bis 3 Minuten bzw. so lange, bis Sie deutlich entspannter und ruhiger sind.

Hier ist mein TIPP Nr. 4

Bewegen Sie sich - gehen Sie im Zimmer oder wo Sie sich gerade befinden, schnellen Schrittes umher. Ich weiß, Ihr erster Impuls ist vielleicht, sich zu schonen und körperlich möglichst wenig zu tun, was die Symptome verstärken könnte.

Andererseits: durch Bewegung werden die für Ihr Herzrasen und die anderen Symptome verantwortlichen Stresshormone und die Muskelanspannung schneller abgebaut.

Und wenn für Ihre Schwindelgefühle ein niedriger Blutdruck verantwortlich sein sollte, dann wird dieser durch die Bewegung gesteigert und der Schwindel lässt nach. Tanzen, putzen oder Treppensteigen könnten Ihnen in einer solchen Situation ebenfalls helfen.

Hier ist mein TIPP Nr. 5

Essen Sie Nüsse oder etwas, das Sie gut kauen müssen. Kauen baut Stress ab und hilft nachweislich bei der Reduktion von Angst. Auch das Trinken von etwas Erfrischendem wie kaltem Wasser, Obst- oder Gemüsesäften, kann die Angst dämpfen.

Hier ist mein TIPP Nr. 6

Sprechen Sie zu Ihren Symptomen etwa in der Art: Hallo, da bist ja wieder mein Schwindel (meine Angst). Na ja, tob dich ruhig aus. Nun komm schon. Ich weiß ja, dass du harmlos bist und ich nicht umkippen und ohnmächtig werde. Ich bin gesund. Du kannst mir nichts anhaben. Also los komm.

Hier ist mein TIPP Nr. 7

Beobachten Sie Ihre Symptome und beschreiben genau wie ein Reporter, was Sie gerade spüren. So z.B: „Jetzt spüre ich, wie sich mein Herzschlag beschleunigt. Ich bekomme ein flaues Gefühl in den Magen. Jetzt merke ich, wie ich unsicher dastehe. Ich fange schneller an zu amten. Jetzt atme ich bewusst tief in den Bauch, dann wird es besser.“

Hier ist mein TIPP Nr. 8

Nutzen Sie positive Selbstgespräche. Sagen Sie sich aufbauende Sätze wie: „Du schaffst das“. „Es geht vorüber“ „Du hast dies schon viele Male überlebt und wirst es auch dieses Mal aushalten“.  Oder geben Sie sich Anweisungen, was Sie tun möchten, etwa so: „Richte deine Aufmerksamkeit auf deine Umgebung“ oder „Bewege dich, dann wird es besser“.

Sie können diese Sätze auch auf ein Kärtchen schreiben, das Sie immer bei sich tragen. Neben diesen Strategien bei einen drohenden Anfall, möchte ich Ihnen im folgenden Video Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie Panikattacken generell vorbeugen können.

Wie Panikanfällen vorbeugen?

Sie haben viele Möglichkeiten, einem Panikanfall vorzubeugen. Was Sie generell tun können, erfahren Sie in diesem Video. Sicher wäre es Ihnen am liebsten, nie mehr einen Panikanfall zu bekommen. Es gibt jedoch Möglichkeiten, einem Panikanfall vorzubeugen.

TIPP Nr. 1

Ängstliche Gedanken wie „Ich bekomme einen Infarkt“ oder „Ich ersticke gleich“ spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Panikgefühlen. Setzen Sie sich deshalb einmal ganz bewusst mit Ihren Befürchtungen auseinander und überprüfen Sie, ob diese berechtigt sind.

Fragen Sie sich z.B.: Wo sind die Beweise, dass ich einen Herzinfarkt bekommen könnte, wenn ich einen Angstanfall habe? Entspricht dieser Gedanke den Tatsachen? Welche Beweise habe ich für meine Befürchtung? Haben Sie je einen Infarkt bekommen? Woher wissen Sie, dass Sie einen bekommen werden?

Wenn Sie sich an die Tatsachen halten, dann müssen Sie zugeben, dass Sie nur denken, dass das passieren könnte. Tatsache ist: wenn Sie körperlich gesund sind und keine organischen Ursachen für Ihre Panikanfälle verantwortlich sind, dann werden Sie keinen Infarkt bekommen.

Eine Herzerkrankung bemerken Sie gewöhnlich in Belastungssituationen. Ihr Herz hält diese Panikanfälle aus, auch auf Dauer. Es wird nicht mit jedem Panikanfall geschwächt und ist irgendwann am Ende seiner Kräfte. Das heißt: Es kann und wird Ihnen nichts passieren. Sie sind sicher, auch wenn Ihre Panikanfälle etwas Lebensbedrohliches an sich haben und sehr unangenehm sind.

Außerdem: Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit Panikanfällen ihre Symptome wie etwa das Herzrasen falsch einschätzen. Es kommt bei den meisten nur zu einem geringfügigen Anstieg der Herzfrequenz von gerade einmal etwa 10 Schlägen. Da schlägt das Herz jedes Verliebten weitaus heftiger. Und das soll gefährlich sein?

Schauen wir uns eine weitere Befürchtung an:

Wo sind die Beweise, dass Sie ohnmächtig werden?

Sind Sie jemals bei einem Panikanfall ohnmächtig geworden? Wahrscheinlich nicht. Für eine Ohnmacht ist ein Abfall des Blutdrucks und der Herzfrequenz notwendig. Während eines Panikanfalls steigen jedoch Blutdruck und Herzfrequenz bei den meisten Betroffenen an. Dadurch wird eine Ohnmacht eher unwahrscheinlich.

Aber ich will Ihnen nicht verheimlichen: es gibt auch Menschen, auch wenn deren Zahl sehr gering ist, die bei einem Panikanfall ohnmächtig werden. Diese berichten, dass dies gar nicht so schlimm ist, wie sie es sich vorgestellt haben und deshalb auch keine Angst davor haben. Es passiert eben.

Wo sind die Beweise für die Befürchtung, dass Sie gleich ersticken?

Eine Atemnot kann durch das Hyperventilieren entstehen. Sie ist eines der Symptome des Überatmens. Es kann Ihnen höchstwahrscheinlich nichts passieren. Ihr Atemzentrum achtet automatisch darauf, dass Sie genügend Luft bekommen.

Da brauchen Sie sich nicht bewusst darum zu kümmern. Wenn Sie mal versuchen, Ihre Luft über längere Zeit anzuhalten, werden Sie merken, dass Sie irgendwann automatisch nach Luft schnappen. Das ist ein Reflex, den die Natur so eingerichtet hat.

Und wie ist das mit Ihrer Befürchtung, ein Schwindel könne auf einen Hirntumor hinweisen? Entspricht diese Befürchtung den Tatsachen?

Sehr wahrscheinlich nicht. Tatsache ist: Schwindel hat andere Ursachen als einen Hirntumor, z.B.

  • entsteht Schwindel, wenn der Blutdruck in den Keller geht und zu niedrig ist
  • Schwindel kann entstehen durch eine Gefäßverengung im Gleichgewichtsorgan Ihres Ohres;
  • Schwindel kann entstehen durch eine Gefäßerweiterung aufgrund von Erschöpfungszuständen oder emotionalem Stress, überhitzten Räumen, und vielem mehr.

Machen Sie sich die oben erwähnten Tatsachen immer wieder klar. Wie wäre es, wenn Sie sich das Ergebnis der Überprüfung Ihrer Befürchtungen auf einen Zettel schreiben, den Sie bei sich tragen oder den Sie im Bad aufhängen, so dass Sie immer wieder daran erinnert werden?

Das ist ein bisschen wie unser Verhalten beim Geisterbahnfahren. Im ersten Moment erschrickt man vielleicht, wenn vor einem unverhofft und aus heiterem Himmel ein Skelett auftaucht, aber ebenso schnell macht man sich klar: keine Gefahr, ich bin sicher. Und schon beruhigt man sich wieder. Beruhigen Sie sich also immer wieder selbst, wenn Sie Ihre körperlichen Symptome verspüren.

Mein TIPP Nr. 2

Beginnen Sie, sich körperlich und sportlich zu betätigen. Sportliche Betätigung wie Schwimmen, Walking, Radfahren oder Tanzen ist wichtig, da Sie dadurch Ihr Herz- Kreislaufsystem stärken und es so weniger anfällig ist für stressbedingte Schwankungen. Außerdem bekommen Sie dadurch wieder mehr Vertrauen in Ihren Körper und lernen, Ihre Körpersignale besser verstehen.

Mein Tipp Nr. 3

Wenn Sie ganz mutig sind, dann können Sie die folgenden Verhaltensexperimente durchführen, die Ihnen wahrscheinlich auch ein Therapeut in der Therapie vorschlagen wird.

  • Steigen Sie Treppen auf und ab oder machen 10  Kniebeugen, um Herzklopfen hervorzurufen.
  • Hyperventilieren Sie ganz bewusst, um Atembeschwerden und Schwindel bei sich zu erzeugen.
  • Legen Sie sich hin und stehen ganz schnell auf, um einen Schwindel zu erzeugen.

Wofür das gut sein soll, fragen Sie sich? Nun, es soll Ihnen zeigen, dass die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Körperreaktionen ganz normale und vor allem ungefährliche Symptome sind, die auch wieder verschwinden. Solche Verhaltensexperimente geben Ihnen mit zunehmender Übung die Gewissheit und Sicherheit, dass alles o.k. ist und Sie sich sicher fühlen, wenn solche Symptome auftreten.

Mein Tipp Nr. 4

Erlernen Sie Stressbewältigungsstrategien. Alles, was Sie im Alltag aus dem Gleichgewicht bringt, erhöht Ihr Anspannungsniveau. Ein allgemeines hohes Anspannungsniveau wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass bei weiterer kleinster Belastung ein Panikanfall ausgelöst wird.

Deshalb ist es gut, wenn Sie Strategien beherrschen, Ihre Anspannung abzubauen. Dies können Verhaltenstrategien wie z.B. Atem- oder Entspannungstechniken, ein Hobby, das Gespräch mit Freunden, Tagebuch schreiben, Musik oder Sport sein.

Stress abbauen können Sie aber auch, indem Sie Ihre Einstellungen verändern, z.B. das Streben nach Perfektion aufgeben, Erwartungen an andere reduzieren oder Nein sagen lernen. Und natürlich können Sie Ihr inneres Gleichgewicht auch stärken, indem Sie auf gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmäßige Erholungsphasen achten.

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