Alleine geht's – gemeinsam geht's besser! – #57

Freundschaften haben eine wohltuende Wirkung auf unsere Seele. Dieser Beitrag der Serie "Erfahrungen aus der Praxis" klärt auf, warum das so ist und wie du echte Freundschaften wachsen lassen kannst.

Alleine geht's – gemeinsam geht's besser! – #57
© PAL Verlag, unter Verwendung einer Illustration von Christina von Puttkamer

Alleine geht's – gemeinsam geht’s besser. Wir alle benötigen in unterschiedlichem Ausmaß Kontakte mit Menschen, die uns guttun und die uns wichtig sind. Neben unserer Familie sind das vor allem unsere Wahlverwandten: unsere Freunde und Freundinnen.

Oxytocin – das Wohlfühl- und Bindungshormon

"Hanging out with friends", also einfach eine gute Zeit mit Freunden haben, ohne irgendetwas Besonderes dabei tun zu müssen, einfach nur zusammenzusitzen, zu reden oder zu schweigen, einfach zusammen zu sein – wie wohltuend! Während wir das tun, wird in unserem Körper das Wohlfühl- und Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet. In der psychobiologischen Forschung wird Oxytocin in direkten Zusammenhang gebracht mit einer Zunahme an sozial-fürsorglichem Verhalten und einer Abnahme von Angst und Stress.

5 positive Wirkungen von Freundschaften auf unsere Seele

In den meisten Therapien ist die Reaktivierung und Erweiterung des sozialen Netzwerks ein wichtiger Baustein, um die seelische und körperliche Gesundheit wiederzuerlangen. Schauen wir mit wissenschaftlichem Blick auf die wohltuende Wirkung tiefer und dauerhafter Freundschaften, dann können wir viele heilende Elemente benennen:

  • Deine Freunde geben dir ganz oft emotionale Unterstützung, einfach dadurch, dass sie dir gegenüber ihre Wertschätzung zeigen, dich ihre Sympathie für dich spüren lassen, dich in schwierigen Situationen trösten.
  • Sie schenken dir das gute Gefühl, eingebunden zu sein, dazuzugehören. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Zusammensein, der positive soziale Kontakt darin besteht, etwas gemeinsam zu unternehmen, z. B. gemeinsam Sport zu betreiben, gemeinsam ins Kino oder Theater zu gehen, Feste zusammen zu feiern, gemeinsam zu kochen und zu essen oder eben einfach nur zusammen zu sein und die bloße Anwesenheit von vertrauten und geliebten Menschen zu genießen.
  • Sie geben dir praktische Unterstützung, wenn du sie dringend benötigst. Manchmal bedeutet das, dass deine Freunde dir Geld leihen, dass sie dir beim Umzug helfen, dir im Krankheitsfall zur Seite stehen, auf dein Baby aufpassen oder sich um deinen Hund kümmern, wenn du es gerade nicht kannst.
  • Sie geben dir informationelle Unterstützung in Form von Hinweisen oder Ratschlägen, die dir bei der Lösung eines Problems nützlich sind. Manchmal ist die Meinung einer guten Freundin wichtig für dich, um eine verzwickte Situation angemessen zu bewerten oder realistisch einschätzen zu können. Nicht selten helfen dir deine Freunde aber auch dabei, deine eigenen Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnisse wieder deutlicher zu sehen, wenn du mal wieder „völlig durch den Wind“ bist
  • Sie stärken deine Resilienz, deine Widerstandskraft gegen die Unbillen des Lebens, einfach nur dadurch, dass du weißt, dass sie da sind.

Aussagen von Patientinnen und Patienten zum Thema Freundschaft

Was mich in therapeutischen Sitzungen – jenseits des psychologischen Blicks – berührt hat, wenn das Thema auf Freundschaften kam, sind Aussagen wie diese:

Anna: "Für mich ist die nährendste Erfahrung in meinen Freundschaften das Miteinander-Teilen – ohne Netz und doppelten Boden."

Lea: "Füreinander da zu sein, miteinander über all das offen sprechen zu können, was mich gerade innerlich bewegt, das hilft mir in schwierigen Zeiten ganz besonders, dass ich mich immer wieder gut fühlen kann."

Jannik: "Richtig frei fühle ich mich nur mit meinen besten Freunden. Da hab ich nie das Gefühl, irgendwem irgendwas beweisen zu müssen. Ich fühle mich da so leicht, so flüssig, so tiefenentspannt, einfach nur ich selbst sein zu können."

Alexander: "Bei Freunden kann ich einfach zuhören. Und auch wenn sie echt Scheiß gebaut haben, ändert das nichts in mir ihnen gegenüber. Das spüre ich anderen gegenüber so nie."

Luisa: "Oft sitze ich mit meiner besten Freundin einfach nur da. Wenn was in mir hochblubbert, spreche ich es aus. Wenn nichts aus mir raus will, fühlt sich das auch nie blöd an."

Aylin: "Allein daran zu denken, dass ich Freunde habe, auf die ich mich verlassen kann, macht mich jedes Mal wieder glücklich und gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit."

Antonia: "So sehr ich meine Eltern und Geschwister liebe – mit meinen Freundinnen kann ich mich tiefer und intensiver austauschen. Wir sprechen die gleiche Sprache und haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Das ist sehr wertvoll für mich."
 

Mein freundschaftlicher Tipp an dich

Halte deine Freundschaften lebendig. Sie sind kostbar. Ruf an, geh hin, lass von dir hören, sende Rauchzeichen, pflege dein Netzwerk. Sei offen, sei neugierig. Lass dich immer wieder überraschen von den vielen Seiten, die wir alle in uns tragen. Und lass dich überraschen, welcher Feind von heute, morgen oder übermorgen vielleicht dein Freund werden kann …

Dein

Gert Kowarowsky

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 Oxytocin – das Wohlfühl- und Bindungshormon
 5 positive Wirkungen von Freundschaften auf unsere Seele
 Aussagen von Patientinnen und Patienten zum Thema Freundschaft
 Mein freundschaftlicher Tipp an dich
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