Divergentes vs. konvergentes Denken

Um gute Lösungen zu finden, helfen uns sowohl divergente als auch konvergente Denkweisen. Wenn du beide verbindest und in Balance bringst, bist du auf dem besten Weg zu effektiven Problemlösungen.

Divergentes vs. konvergentes Denken
© PAL Verlag, unter Verwendung eines Fotomotivs von unsplash.com

Sicher kennst du diese Situationen aus deinem Alltag: Du wirst vor ein Problem gestellt, für das du spontan keine offensichtliche Lösung weißt. Dann gilt es, einen Lösungsweg zu suchen, und dabei zeigt sich meist: Es gibt nicht von vornherein nur einen. Der Weg vom Problem zur Lösung erfordert nämlich einige gedankliche Fähigkeiten, etwa kreativ und flexibel zu sein oder auch strukturiert, fokussiert und zielgerichtet. Vor allem, wenn du mit anderen zusammen an einer Lösung arbeitest, ist es hilfreich zu wissen, wie die unterschiedlichen Denkvorgänge in uns Menschen ablaufen. So kannst du sie miteinander verbinden, Konflikte vermeiden und auf effektive Weise gemeinsam aus den möglichen die beste Lösung finden.

Definition: Was ist divergentes bzw. konvergentes Denken?

In der Organisationspsychologie wird im Prozess einer Lösungssuche zwischen konvergentem und divergentem Denken unterschieden. 1956 führte der US-amerikanische Psychologe J. P. Guilford die beiden Begriffe ein. Beide Denkweisen sind entscheidend für die Entwicklung von guten Lösungen und können sich gegenseitig ergänzen, wenn sie bewusst eingesetzt werden. 

Divergentes Denken ist den meisten bekannt aus dem Brainstorming, also dem kreativen Ideenfinden. Es zielt darauf ab, eine Vielzahl von Ideen, Möglichkeiten und Begriffen zu entwickeln, ohne sich einzuschränken und vorschnell auf eine Auswahl festzulegen. Vielmehr wird das sogenannte „Out of the box“-Denken gefördert, also das Um-die-Ecke-Denken, das Streben nach neuen Perspektiven und unkonventionellen Lösungen anstatt der gewohnten Denk- und Verhaltensweisen. Divergentes Denken hat daher vor allem am Beginn bzw. in der frühen Phase einer Lösungssuche seinen Platz.

Beim konvergenten Denken geht es um das Ordnen und Auswählen von Ideen und Gedanken, viele kennen im beruflichen Umfeld dazu Techniken wie das Mindmapping oder die Stärken-Schwächen-Analyse. Es ist also eine Art gedankliche Fokussierung. Sie hilft, Ideen logisch weiterzuentwickeln und sie kritisch auf ihre Anwendbarkeit und ihre Machbarkeit zu überprüfen. Während es beim divergenten Denken bildlich gesprochen darum geht, den Sack möglichst weit aufzumachen für alle Lösungsideen, gilt es beim konvergenten Denken, den so zusammengesammelten Inhalt nochmals auszusieben, nur das zu behalten, was zusammenpasst und weiterbringt und schließlich seinen Sack mit den besten Lösungsideen zuzubinden. 

Um gute Lösungen zu finden, ist es wichtig, beide Denkweisen, sowohl konvergentes als auch divergentes Denken, in Balance zu bringen.

Probleme lösen: Vorteile und Nachteile von konvergentem und divergentem Denken

Vielleicht nutzt du bereits, ohne es zu wissen, die beiden Denkansätze in ausgewogener Weise, wenn du ein Problem lösen musst oder vor einer Herausforderung stehst. Die meisten Menschen folgen jedoch eher dem konvergenten Denken, weil sie sich von einer strukturierten und logischen Lösungssuche mehr versprechen oder diese Herangehensweise auch mehr dem entspricht, was allgemein in Schule, Studium und Ausbildung gelehrt wird. So kommen sie in der Regel schneller zur Lösung, können anderen ihren Weg klarer und nachvollziehbarer mitteilen, weil es dabei weniger Raum für Interpretation und Mehrdeutigkeit gibt. Diese Herangehensweise liebt übrigens auch unser innerer Kritiker, der uns immer daran erinnert abzuwägen, wie unsere Ideen ankommen könnten und was eben „erlaubt“ oder „angemessen“ ist. Leichter ist es, etwas nicht auszusprechen, als den Mut zu haben, „verrückte“ Ideen zu äußern.

Grundsätzlich spricht nichts gegen die konvergente Denkweise, besonders wenn es um Organisation, Planung und Koordination von Abläufen und Teams geht. Dennoch bleiben dabei wichtige Faktoren einer stabilen und tragbaren Lösung unbeachtet: Innovation und Lernen. Gerade, wenn die Problemstellung kniffliger ist oder du in einem Dilemma zweier gegenläufiger Entscheidungen steckst, bringt dich die vermeintlich schnelle und einfache Lösung nicht wirklich weiter. Dann läufst du Gefahr, deine Entscheidungen in deiner Komfortzone zu treffen, anstatt neue und nachhaltige Lösungswege zu gehen. Wenn du einem Problem offen und flexibel begegnest, gibst du dir die Möglichkeit, zu entdecken und zu lernen. Denn divergentes Denken aktiviert beide Gehirnhälften und ermöglicht so die Betrachtung des Themas aus mehreren Blickwinkeln.

Verbinde konvergentes und divergentes Denken, um die beste Lösung zu finden

So schaffst du es, divergente und konvergente Denkweisen zu verbinden, wenn du ein Problem lösen willst: 

  • Begnüge dich nicht mit dem offensichtlichen Lösungsansatz, sondern prüfe immer, ob es noch weitere Ideen und Möglichkeiten geben kann. In der Forschung wird das Evaluation genannt.
  • Beziehe andere in dein Problem und deinen Lösungsansatz mit ein. Erzähle ihnen von beidem und frage sie nach ihrer Meinung und ihren Ideen und Strategien. Sammle diese, ohne sie zu bewerten. Am besten schreibst du sie dir in Stichpunkten auf.
  • Versetz dich in die vom Problem und deinem Lösungsansatz betroffenen Menschen hinein und versuche, ihre Perspektive einzunehmen. Können sie dir wirklich helfen bzw. die ihnen von dir aufgegebene Aufgabe erledigen?
  • Ordne die unterschiedlichen Lösungsansätze nach Priorität, etwa Machbarkeit oder Kosten, und wirf nacheinander die schlechtesten aus der Liste. Führe diesen Schritt gegebenenfalls in mehreren Anläufen durch, solange, bis du dich für den Weg entschieden hast, den du für den besten hältst.

Wenn es dir gelingt, dir die Zeit und den Raum zu nehmen, ein Problem oder eine Herausforderung mit divergenten und konvergenten Denkanstätzen anzugehen, wirst du verantwortbare Lösungen finden, die für dich umsetzbar sind und mit denen du gut leben kannst.

4 Strategien, um gute Lösungen zu finden

Du stehst vor einer Herausforderung oder einem Problem? Privat oder beruflich? Folgende Strategien können dich auf dem Weg zu guten Lösungen begeleiten.

Strategie 1: Vereinbare vor Beginn des Lösungsprozesses mit dir selbst und anderen ein „Killerphrasenverbot“

Damit sind all jene Sätze gemeint, die mit „Aber“ oder „Eigentlich“ beginnen oder in denen Begriffe wie „Grundsätzlich“ oder „Man macht“ vorkommen. Also alle Einwände von inneren und äußeren Kritikern, die Wilhelm Buschs Reim folgen: „Und, so schloss sie messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.“  Um diese einschränkenden Gedanken und Äußerungen auszuschließen, ist es wichtig, dich selbst bei der Ideenfindung zu beobachten und zu begleiten. Das braucht ein wenig Übung, aber mit der Zeit wird es dir gelingen, deinen Geist frei und alle entstehenden Ideen zuzulassen.

Strategie 2: Lass dich auf deinem Lösungsweg vom Humor begleiten

Humor verschafft dir die Leichtigkeit, die du für die Lösungssuche brauchst. Je schwieriger, desto mehr. Also lach über dich, über deine verrückten Ideen und über deine Denkfehler, die dir möglicherweise unterlaufen. Das hilft dir, in einen gelassenen Zustand zu kommen – und der ist eine wichtige Grundlage für beide Denkweisen.

Strategie 3: Verbildliche deine Gedanken, Ideen und Strategien

Schreib oder male alle Schritte in deinem Lösungsprozess auf, die kreativen ebenso wie die ordnenden. So bekommst du Abstand zu deinem Denken und Handeln und kannst auch andere daran teilhaben lassen.

Strategie 4: Gib dir Zeit, in der deine kreative Lösung wachsen kann

Jede gute Idee braucht Zeit, um zu wachsen. Schon frühzeitig die eine schnelle Entscheidung zu treffen, kann sich gerade bei einer komplexeren Thematik als Bumerang erweisen und die Probleme binnen kurzer Zeit wieder zu dir zurückbringen. Halte deshalb im Lösungsprozess inne und gönne dir und ihm mehr „Inkubationszeit“. Du wirst sehen, am Ende wird dir diese Zeit Sicherheit geben und vielleicht auch noch eine ganz neue Idee entstehen, die dein Problem lösen kann und dir Zufriedenheit schenkt.

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 Definition: Was ist divergentes bzw. konvergentes Denken?
 Probleme lösen: Vorteile und Nachteile von konvergentem und divergentem Denken
 Verbinde konvergentes und divergentes Denken, um die beste Lösung zu finden
 4 Strategien, um gute Lösungen zu finden
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